Über Herbert Hirche
Der H57 Sessel ist ein wiederentdeckter Klassiker des Bauhaus Designers Herbert Hirche
Herbert Hirche, geboren 1910 in Görlitz, spielte im Kontext des Wiederaufbaus Deutschlands nach dem Krieg eine besondere Rolle. Das betraf in seiner Funktion als Architekt, Produkt- und Möbeldesigner, Professor, Ausstellungsmacher und aktives Mitglied des Nachkriegswerkbundes nicht nur die Schaffung neuen Wohnraums und die Versorgung mit Möbeln und Alltagsgegenständen, sondern auch die Bestrebungen, Deutschland wieder international wettbewerbsfähig zu machen und dem Land nach den Verheerungen des Faschismus kulturpolitisch auf die Beine zu helfen. Prägend für seine Laufbahn nach dem Krieg waren für Hirche sein Studium am Bauhaus in den Jahren 1930 bis 1933, seine Mitarbeit bei Lilly Reich und
Ludwig Mies van der Rohe von 1933 bis 1938 sowie seine Zeit als Mitarbeiter im Büro von Egon Eiermann in den Jahren 1939 bis 1945. Nachdem er 1950 offiziell dem Nachkriegswerkbund beigetreten war, etablierte er moderne Gestaltungsprinzipien des Werkbundes aus den Vorkriegsjahren und ebnete als Vertreter der guten Form dem Funktionalismus der Nachkriegszeit den Weg. Hirche kann so als Vertreter einer “Werkbundgestaltung nach 1945” bezeichnet werden, die “grob verallgemeinert (...) für eine modern-sachliche Produktkultur mit hohem moralischen Anspruch” stand. So entwarf er beispielsweise im Kontext der Werkbundarbeitsgruppe Innenausbau unter Leitung von Lilly Reich erste Möbel, von denen einige ab 1947 in der Werkbund-Firma Deutsche Werkstätten Hellerau in Serie produziert wurden. Einer Professur an der Kunsthochschule Weißensee folgte 1952 eine Professur für Innenarchitektur und Möbelbau an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, die er bis 1975 innehatte. Neben seinen diversen Lehrtätigkeiten war Hirche immer als freischaffender Architekt, Designer und Ausstellungsmacher aktiv und prägte mit seinen harmonischen, funktionalen, häufig auf einfachen kubischen Formen basierenden Entwürfen das Design der Nachkriegszeit entscheidend mit. So wurden Herbert Hirches Entwürfe bis in die 1960er Jahre in Ausstellungen und Publikationen als Paradebeispiele für gute Gestaltung gehandelt. Neben zahlreichen Kooperationen mit Firmen wie Walter Knoll, Wilde und Spieth oder Christian Holzäpfel gingen vor allem seine Entwürfe für die Firma Braun, die von Braun selbst als “Visitenkarten Deutschlands” bezeichnet wurden, in die Geschichte ein. Einige seiner prägnantesten Möbeldesigns, so etwa der Sessel H57, werden inzwischen vom Möbelhersteller
Richard Lampert neu aufgelegt.
Quellen: Nicola von Albrecht, (2020). Herbert Hirche - Ein Protagonist der deutschen Nachkriegsmoderne. Online-Publikation (2020) auf OPUS 4, Dokumentenserver der Universität der Künste Berlin. Überarbeitete Fassung des am 31. Januar 2017 eingereichten Textes.