In der Ausstellung “A Chair and You” im GRASSI Museum für Angewandte Kunst in Leipzig kann man Stühle betrachten, studieren und erforschen, aber nicht darauf sitzen.
Im Gegensatz dazu dürfen sich die Besucher auf den dreizehn Stühlen der smow Präsentation “Pop-up: Stühle zum (Be)Sitzen” im ersten Stock des GRASSI Museums für Angewandte Kunst, Leipzig, auch niederlassen.
Präsentiert werden hier dreizehn Stühle, die verschiedene Definitionen des Begriffs „Stuhl“ und ganz unterschiedliche Sitzerfahrungen in sich vereinen.
Die Ausstellung “Der ungesehene Designklassiker” im Deutschen Stuhlbaumuseum, Rabenau, präsentierte eine Einführung, bzw. Wiedereinführung, des Stuhls EW 1192 von Horst Heyder, ein Stuhl, der aller Wahrscheinlichkeit nach der am weitesten verbreitete Stuhl in der DDR war. Damit handelt es sich um einen Stuhl, den man eigentlich nicht erneut vorstellen müsste. Die Entwicklung nach 1989 haben aber dafür gesorgt, dass er gänzlich in Vergessenheit geraten ist. Neben dieser Einführung präsentierte die Ausstellung auch ein zeitgenössisches Re-Design des EW 1192, das vom Leipziger Designers Jacob Strobel stammt.
Ein Re-Design, das die Frage aufwirft: Darf man ein Werk wie den EW 1192 überhaupt neu gestalten?
Als wir im Deutschen Stuhlbaumuseum standen und dieses zeitgenössische Re-Design betrachteten, kam uns der Gedanke, dass es nur eine Person gibt, die in der Lage ist, diese Frage gut zu beantworten, eine Person, die bereits viel detaillierter darüber nachgedacht hat als wir.
Also haben wir Jacob Strobel gefragt: Kann man ein Werk wie den EW 1192 umgestalten?
Stellen Sie sich vor, Sie wären einer der am meisten verkauften und am meisten genutzten Stühle im Land, aber in der Designgeschichte hätte man Sie vergessen
Stellen Sie sich vor, Sie wären ein lehrreiches Stuhldesign in Bezug auf Praxis, Handwerk und Industrie des Möbeldesigns, sie wären an vielen Orten im Einsatz, aber niemand hätte Sie gesehen. Niemand würde Ihren Namen kennen, aber jede würde sich einfach auf Sie setzen.
Stellen Sie sich vor, Sie wären der EW 1192 von Horst Heyder.
Mit „Der ungesehene Designklassiker“ ermöglicht das Deutsche Stuhlbaumuseum in Rabenau den Besuchern nicht nur, sich genau das vorzustellen. Die Ausstellung trägt auch ihren Teil dazu bei, etwas an dieser unglücklichen Situation zu verbessern.
Es gab Zeiten, in denen jeden Monat neue Architektur- und Designausstellungen eröffnet wurden. Manche Monate hatten mehr, andere weniger. Doch jeder Monat bot genug Material für eine Liste.
Diese Zeiten sind vorbei.
Heute dürfte es schwierig sein, neue Ausstellungen zu finden, die im August oder im Januar eröffnet werden. Ob dies eine kollektive Entscheidung der globalen Museumsgemeinschaft ist oder reiner Zufall, wissen wir nicht.
Anders ausgedrückt: Weltweit können wir nur eine einzige neue Ausstellung finden, die im Januar 2024 eröffnet wird. Eine einzige Ausstellung kann jedoch nicht als Grundlage für eine Liste dienen.
Wie bereits im August 2023, Januar 2023 und August 2022, bieten wir daher anstelle von Empfehlungen für neue Ausstellungen eine Liste aller Architektur- und Designausstellungen, die Sie im Januar 2024 besuchen können. Wir empfehlen sogar, so viele wie möglich zu besichtigen. Denn ab Februar nimmt die Anzahl der Neueröffnungen stark zu, und es wird schwierig sein, mitzuhalten.
Line and Round, IO, wurde 2017 in Budapest von Annabella Hevesi, einer Absolventin der Moholy-Nagy-Universität für Kunst und Design, und Gábor Bella, einem Absolventen der „School of Life“, gegründet. Gábor besitzt einen Hintergrund in der Schreinerei und verfügt über zahlreiche Jahre Erfahrung in den Bereichen Bauwesen, Innenarchitektur und Design, einschließlich der Konzeption, Entwicklung und Umsetzung von Escape-Room-Spielen. Dieses Konzept erfreut sich in Ungarn besonderer Beliebtheit und bildete den Kontext, in dem sich Annabella und Gábor kennenlernten und ihre berufliche Zusammenarbeit begannen.
In den sechs Jahren ihrer Zusammenarbeit unter dem Namen Line and Round haben Annabella und Gábor eine Vielzahl von Innenarchitektur- und Möbeldesignprojekten entwickelt und umgesetzt. Dazu zählen die Gestaltung eines Umkleideraums und eines Raums für die Pressekonferenz des Basketballteams Sopron Basket, zahlreiche Hotel- und private Innenarchitekturprojekte sowie die Burnt Geometry Kollektion. Diese Kollektion markiert die erste eigeninitiierte Möbelkollektion von Line and Round und wurde auf der Grassimesse 2023 in Leipzig präsentiert. Bei diesem Anlass gewann Line and Round gemeinsam mit dem Nürnberger Glasmacher Cornelius Réer den ersten smow-Designpreis.
Nach ihrem Erfolg in Leipzig trafen wir Annabella und Gábor online, um mit ihnen über ihre Arbeit, ihre Herangehensweise und das Leben als Designer im heutigen Ungarn zu sprechen. Wir begannen mit der Frage, wie Line and Round entstanden ist und wie sich das Unternehmen von der Escape-Room-Industrie gelöst hat…
In den Alpenregionen Europas beginnt im September der sogenannte Almabtrieb, die alljährliche Wanderung der Rinder, Schafe und Ziegen von ihren Hochweiden in die weit, weit unten liegenden Täler.
Diese Wanderung wird unternommen, weil, wie die Rinder, Schafe und Ziegen der Alpen von Natur aus wissen, der September der Monat ist, in dem die weltweite Gemeinschaft der Architektur- und Designmuseen langsam ihre Sommersiesta beendet und beginnt, uns zu ihren Ausstellungsprogrammen für Herbst und Winter einzuladen.
Diese Wanderung scheint sich im September 2023 besonders zu lohnen, denn er ist voller neuer Ausstellungen, die genauso verlockend und ansprechend sind wie die kräuterreichen Weiden einer Alm. Tatsächlich ist die Ernte im September 2023 derart reichhaltig, dass wir sogar zwei Listen hätten schreiben können. Der Redlichkeit halber bleiben wir jedoch bei einer Liste.
Hier sind unsere fünf Gründe, um sich von der frischen Luft und dem grünen, grünen Gras der Hochalmen zu verabschieden und in die Stadt zu begeben. Sie finden diese Ausstellungen in Frankfurt, New York, Kolding, Wien und Malmö…
Nur wenige neuartige Transportmethoden haben die Gesellschaft in einem solchen Maße beeinflusst wie die Eisenbahn. Die Ankunft der Eisenbahn bedeutete nicht nur, dass einst weit entfernte Städte nun nahe beieinander lagen, sondern auch, dass die Rohstoffe für die Industrialisierung und Waren leicht und kostengünstig von Ort zu Ort transportiert werden konnten. Mit der Entwicklung der jungen Eisenbahnnetze und -systeme entwickelte sich auch die Gesellschaft.1
Die Ausstellung „Futurails: Wege und Irrwege auf Schienen“ erforscht und diskutiert im DB Museum in Nürnberg diese Entwicklung der Schienen- und Bahnsysteme und stößt eine Diskussion über die Schienen- und Bahnsysteme der Zukunft an…
Wie wir alle wissen, ist der Schlüssel zum Lesen, das Lernen des ABCs: Sobald man die Buchstaben gelernt und sie zu einfachen Wörtern zusammengesetzt hat, kann man sich komplexeren Wörtern nähern – es folgen Sätze, Absätze, Aufsätze etc. Schließlich verknüpft man das, was man liest, mit Diskursen, sowie mit eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, um sein Verständnis und seine Wertschätzung für Welt und Mitmenschen, zu verbessern.
Aber kann das Erlernen des ABCs eines spezifischen Designers uns helfen, seine Arbeit, ihre Bedeutung und ihr Vermächtnis besser zu verstehen und zu würdigen?
Mit der Ausstellung “Wilhelm Wagenfeld A bis Z” versucht das Wilhelm Wagenfeld Haus, Bremen, genau das. Es geht um einen äußerst interessanten, wenn auch manchmal nur schwer zu verstehenden Designer.
Wir feiern die Rückkehr eines alten Favoriten! Statt “smow stellt vor” müsste es eigentlich “Willkommen zurück” heißen. Der Rowac-Schemel ist ein Objekt, das 1909 als eines der ersten Stahlblechmöbel der Welt auf den Markt kam. Ein Möbelobjekt, das einst nicht nur unzählige Werkstätten und Lehranstalten, sondern auch die Werkstätten und Ateliers des Bauhauses in Weimar und Dessau schmückte und in den Wirren der Nachkriegszeit in Ostdeutschland verloren ging.
Im Jahr 2023, rund 80 Jahre nach Produktionsende, kehrt der Rowac-Schemel zurück: aus und in seine Heimatstadt Chemnitz.
Möglich macht das ein Kickstarter-Crowdfundingprojekt.
Um mehr darüber zu erfahren, haben wir uns mit Alide und Dieter Amick von Rowac unterhalten.
Wann ist ein Bügelbrett, kein Bügelbrett?
Wenn es Cinderella ist von Anna Kraitz für Design House Stockholm.
1959 erhielt Alexander Girard den Auftrag, die Inneneinrichtung des New Yorker Restaurants La Fonda del Sol zu gestalten, für das Charles und Ray Eames die Sitzmöbel entwarfen.
Heute sind der La Fonda Esszimmerstuhl und der La Fonda Beistellstuhl bekannte, wenn auch derzeit nicht mehr produzierte Bestandteile des Eames-Portfolios. Man fragt sich allerdings, was aus dem La Fonda Barhocker geworden ist.
Aus Zeitgründen konnten wir im vergangenen Sommer leider keine der Abschlussausstellungen der belgischen Designschulen besuchen. Die Plattform MAD Brüssel hat es allerdings geschafft, einen Blick darauf zu werfen.
Zumindest hat MAD einen Blick auf die Brüsseler Designschulen geworfen und aus den unzähligen ausgestellten Abschlussarbeiten ihre Top Ten ausgewählt. Anschließend wurden die ausgewählten Projekte in der Schaufensterausstellung Graduation Show 2022 in der MAD-Zentrale präsentiert.
Natürlich handelt es sich dabei um eine sehr subjektive Auswahl. Aber ist das letztendlich nicht jede Auswahl?
Dazu gehören auch unsere Favoriten von MAD Brüssel…
Eine Anna; Eine Sofia; Eine Charlotte; Eine Katja.
In seiner Peoetik argumentiert Aristoteles, dass die Poesie aufgrund zweier dem Menschen innewohnender Instinkte entstanden sei: dem „Instinkt für Harmonie und Rhythmus“ und dem „Instinkt der Nachahmung“. Die Nachahmung, eher im Sinne von Repräsentation statt Kopie, ist nach Aristoteles die Methode, durch die der Mensch lernt, und das Lernen bereite dem Menschen “das lebendigste Vergnügen“.
Zwar sind für Aristoteles alle Formen der Poesie „in ihrer allgemeinen Konzeption Modi der Nachahmung“, (wiederum im Sinne von Repräsentation und nicht Kopie), „sie unterscheiden sich jedoch in dreierlei Hinsicht voneinander – dem Medium, den Gegenständen, der Art und Weise oder dem Modus der Nachahmung“.1
Mit der Ausstellung “Mimesis. Lebendiges Design” betrachtet das Centre Pompidou-Metz Designer als Nachahmer der Natur und erforscht die unterschiedlichen und sich ständig weiterentwickelnden Medien, Objekte und Arten oder Modi dieser Nachahmung.
So vertraut unsere Gegenstände und Rituale des täglichen Lebens uns auch sind, einer Person aus dem 16. Jahrhundert würden sie höchst seltsam erscheinen. Die Gegenstände und Rituale des 16. Jahrhundert würden wiederum jemandem aus dem 11. Jahrhundert höchst seltsam erscheinen. Doch mit den Worten Simon & Garfunkels: „that’s not unusual, No, it isn’t strange“ – denn wenn sich Gesellschaften entwickeln, eignen sie sich neue Gegenstände und Rituale an. Das tägliche Leben entwickelt sich in Verbindung mit diesen ständig weiter. Auch uns würden also Gegenstände und Rituale aus der Zukunft ebenso verwundern.
In seiner Ausstellung “New Normals” im Haus am Waldsee, Berlin, stellt uns Konstantin Grcic einige äußerst merkwürdige Dinge vor. Er lädt uns ein, darüber nachzudenken, dass das, was noch nicht ist, eines Tages sein wird…
Wie so oft im Leben sind es auch im Bereich des Möbeldesigns selten die auffälligen, prominenten Werke oder Personen, die uns am meisten lehren, sondern meist jene Werke und Personen, die uns in ihrer Anonymität und Bescheidenheit, unsichtbar und still, begleiten.
Das Projekt Monobloc von Autor und Regisseur Hauke Wendler und seinem Team bietet uns die Möglichkeit, uns auf ein Objekt zu konzentrieren, das wir alle schon gesehen und benutzt haben, mit dem wir uns aber nur selten, wenn überhaupt, offen auseinandergesetzt haben.
Die populäre Geschichte des Möbeldesigns ist, das kann niemand bestreiten, eine Geschichte der Männer.1
Das liegt nicht daran, dass Männer eine angeborene Affinität für Möbeldesign haben, während die Domäne der Frauen Textilien und Farben sind; sondern daran, dass die populäre Geschichte des Möbeldesigns voller Fehler, Vorurteile und Ungenauigkeiten steckt.
Viele dieser Fehler und Ungenauigkeiten lassen sich auf die Institutionen zurückführen, die mit der Aufzeichnung, Dokumentation und Vermittlung der Geschichte des Möbeldesigns betraut und dafür verantwortlich sind, diese Geschichte zu erzählen und zu validieren.
Mit dem Projekt “Spot On: Designerinnen in der Sammlung” wirft das Schaudepot des Vitra Design Museums ein kritisches Schlaglicht auf einige der schattigen Ecken in der eigenen Sammlung.
Eine Halbinsel; ein Archipel; ein Kontext
Mit der Ausstellung “Stühle. Nur für Kinder!” erkundet das Grassi Museum für Angewandte Kunst, Leipzig, die Geschichte und Entwicklung von Sitzmöbeln für Kinder. Dabei werden nicht nur Einblicke in eine häufig unterschätzte Möbelgattung gewährt, die Ausstellung zwingt den Besucher auch neue Antworten auf die vermeintlich sehr einfache Frage “Was ist ein Stuhl?” zu suchen.
Beim Durchstöbern des digitalen Marcel-Breuer-Archivs sind wir eines Nachmittags auf einen Brief vom 25. Juli 1950 von Peter M. Fraser, einem Mitarbeiter Breuers, an das Eames Office gestoßen. In diesem Brief erkundigt er sich nach einem Beleuchtungsentwurf von Charles und Ray Eames, den Breuer in einem seiner Architekturprojekte verwenden wollte. „Ein Lampendesign von Charles und Ray Eames” – Eames Lampen !!!??
Wir kennen Möbel, Spielzeug, Ausstellungen, Textilien, Filme und Fotografien der Eames, aber was ist mit Leuchtendesigns?
„Man sitzt bequemer auf einer Farbe, die man mag“, erklärt Verner Panton in seinem 1997 erschienenen Buch „Lidt om Farver/Notes on Colour“.1
Panton bringt damit sehr prägnant ein Verständnis von Farbe zum Ausdruck, das über Farbe als rein dekoratives Element hinaus geht. Er liefert eine von vielen Überlegungen zur Funktion und Relevanz von Farbe jenseits des rein Dekorativen, die in vielfältiger Form im Verlauf der Geschichte des Möbel- und Produktdesigns auftauchen.
In den kommenden Wochen möchten wir uns anhand einer Auswahl von Texten und Äußerungen diverser, internationaler Gestalter, kontrastierende und manchmal komplementäre Überlegungen anschauen und nachvollziehen.
Auch wenn nicht alle Quellen, die wir uns aussuchen, als Theorie, geschweige denn Farbtheorie im klassischen Sinne gelten, können die Äußerungen und Dokumente der jeweiligen Gestalter über die Beziehungen zwischen Farbe und Form, Farbe und Funktion, Farbe und Benutzer, Farbe und Kunstfertigkeit, etc. doch als Beiträge zu einer formaleren Design-Farb-Theorie betrachtet werden.
Wir beginnen mit Verner Panton und seinem Buch „Lidt om Farver/Notes on Colour“.
Im Jahr 1977 sagte Ludwig Glaeser, der Kurator des Mies-van-der-Rohe-Archivs am Museum of Modern Art, New York, dass „es sicher mehr als ein Zufall ist, dass Mies van der Rohes Engagement für Möbel- und Ausstellungsdesign im selben Jahr begann wie seine persönliche Beziehung zu Lilly Reich.“1
Diese Aussage hat in vielerlei Hinsicht das Verständnis für die Möbelentwürfe sowohl von Ludwig Mies van der Rohe als auch von Lilly Reich geprägt. Und so ist dieses Verständnis „sicher mehr als ein Zufall“, aber eben vor allem auch falsch. Die Klärung der Aussage von Ludwig Glaeser und der daraus resultierenden Auffassung ist so nicht nur ein hervorragender Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit den Möbelentwürfen von Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe, sondern auch für einige Überlegungen zur Geschichte des Möbeldesigns.