Während Interior Design oft mit dem ständigen Neukauf von Gegenständen für einen Raum assoziiert wird - eine Vorstellung, die viele Aussteller der Passagen Interior Design Days in Köln nur allzu gerne bestätigen - geht es in der Realität häufig um maßgeschneiderte Lösungen. Und das war schon immer so. Als Konzept und als Beruf ist Interior Design aus dem Handwerk des Dekorateurs hervorgegangen - einer Person, die verschiedene handwerkliche Disziplinen miteinander verband, um Innenräume zu gestalten, sei es im privaten, kommerziellen, öffentlichen, gastronomischen oder Bürobereich.
Auch wenn sich das moderne Interior Design als Berufsfeld vom klassischen Dekorationshandwerk entfernt hat, bleibt das Handwerk ein wesentlicher Bestandteil. Dies gilt auch für das Möbeldesign, das ursprünglich ein reines Handwerk war, bevor es sich zu einer Designdisziplin entwickelte. Ohne Schmiede, Glaser, Polsterer oder Tischler wäre Interior Design nicht denkbar. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel sind die frisch gebackenen Tischlermeister, deren Meisterstücke die Handwerkskammer zu Köln regelmäßig im Rahmen der Passagen Interior Design Week präsentiert. Eine Ausstellung, die wir immer wieder mit großer Neugier besuchen.
Die Edition 2025 dieser Präsentation umfasste zahlreiche Esstische, darunter auffallend viele ausziehbare Modelle. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass derzeit eine große Nachfrage nach flexiblen Esstischen besteht oder dass ein ausziehbarer Tisch einem angehenden Tischlermeister mehr Möglichkeiten bietet, sein handwerkliches Können unter Beweis zu stellen. Neben zahlreichen Sideboards, Schreibtischen und Vitrinen war auch ein bemerkenswerter Bürostuhl aus Holz von Aron Rudi Šipak zu sehen.
Auf den ersten Blick mag dieser Stuhl wie ein allzu offensichtliches Spiel mit Wahrnehmung und Konventionen wirken, fast schon kitschig. Aber er erinnert uns daran, dass Bürostühle früher aus Holz gefertigt wurden. Beispiele dafür sind die voluminösen Armlehnstühle auf massiven Holzgestellen, die Thonet bereits im 18. Jahrhundert herstellte, oder der drehbare Windsor-Stuhl, den Thomas Jefferson an seinem Schreibtisch nutzte.
Holz wurde im Laufe der Zeit durch Metall ersetzt - nicht zuletzt, weil es brennbar ist und Bürobrände im frühen 20. Jahrhundert deshalb gefürchtete Katastrophen waren. Man denke nur an Frank Lloyd Wrights Larkin Administration Building von 1902, eine Firmenzentrale, die fast ausschließlich aus nicht brennbaren Materialien bestand, um wichtige Kundenakten und Auftragsunterlagen zu schützen.
Metall wiederum ermöglichte eine größere Beweglichkeit von Sitzmöbeln, zum Beispiel durch den Federmechanismus des Centripetal Spring Chair von Thomas E. Warren. Es bot Vorteile für die industrielle Fertigung und galt als Symbol des menschlichen Fortschritts. Aber auch Metall wurde nach und nach von synthetischen Kunststoffen verdrängt, die eine noch effizientere Produktion und größere gestalterische Freiheit ermöglichten. Kunststoffe erweiterten die gestalterischen Möglichkeiten erheblich, brachten aber auch gravierende ökologische Probleme mit sich. Sie haben uns gelehrt, dass es klüger ist, die Gesetze der Natur zu respektieren als sie zu brechen - eine Erkenntnis, die wir bis heute nicht vollständig verinnerlicht haben.
Deshalb wird heute in vielen Bereichen nach Alternativen gesucht - auch bei Bürostühlen. Dabei wird nicht nur Unbekanntes erforscht, sondern auch auf Bewährtes zurückgegriffen: auf Metall, aber auch auf Holz. Holz ist zwar immer noch brennbar, aber die Gefahr von Bürobränden ist heute deutlich geringer, und moderne Brandschutzsysteme sorgen für zusätzliche Sicherheit. Zudem werden Kundendaten und Bestellungen heute digital gespeichert - hinter einer Firewall.
Warum also nicht zurück zum Holzstuhl?
Diese Frage stellt das Meisterstück von Aron Rudi Šipak. Sein Bürostuhl aus Eiche und Ahorn erfüllt fast alle Anforderungen an moderne Büromöbel: Er ist höhenverstellbar, hat eine verstellbare Rückenlehne und Kopfstütze, steht auf einem fünfarmigen Fußkreuz und ist drehbar. Armlehnen fehlen, ließen sich aber problemlos nachrüsten.
Der Stuhl hat eine ergonomisch geformte Rückenlehne und eine Sitzfläche, die sich nach vorne verjüngt, um den Komfort zu erhöhen - ein Konzept, das Marcel Breuer besonders wichtig war. Die Sitzfläche könnte durch flexible Holzelemente noch weiter optimiert werden, wie das Projekt "Tani" von Limeng Liu andeutete, das während der Passagen 2025 in der Design Post präsentiert wurde. Eine Polsterung wäre einfach zu realisieren, idealerweise mit abnehmbaren Bezügen aus lokal produzierten Naturmaterialien wie Wolle, die Atmungsaktivität und Feuchtigkeitsmanagement gewährleisten. Auch Rollen aus Holz wären denkbar und wünschenswert.
Der Stuhl kann bei Bedarf leicht repariert und nachhaltig entsorgt werden. Holz ist ein weltweit verfügbares Material, das eine dezentrale Produktion mit heimischen Hölzern ermöglicht und im Vergleich zu Metall oder Kunststoff eine wärmere, menschlichere Atmosphäre schafft - ein nicht zu unterschätzender Faktor vor allem im Home-Office, aber auch im traditionellen Büro. Richtig bewirtschaftet verursacht Holz weniger Umweltbelastungen als andere Materialien und zeigt, dass ein Blick in die Vergangenheit oft genauso lohnend ist wie die Suche nach neuen Lösungen.
Da wir den Stuhl nicht selbst testen konnten, bleibt die Frage nach dem Sitzkomfort offen. Bei der Präsentation in der Handwerkskammer zu Köln vermittelte er jedoch den Eindruck, dass noch einige Anpassungen notwendig sind, um ihn für den Büroalltag tauglich zu machen. Einzelne Elemente wirkten filigran und unfertig - aber das ist in Ordnung. Es ist ein Konzept, kein fertiges Produkt. Ein Vorschlag, keine endgültige Antwort. Eine Station auf einer Reise, kein Ziel.
Und doch bleibt die Frage: Warum nicht zurück zum Holzstuhl?
Warum nicht?
Aron Rudi Šipak hat ein überzeugendes Argument dafür geliefert. Gibt es ein ebenso gutes Argument dagegen?
Leider konnten wir keine weiteren Informationen über Aron Rudi Šipak finden. Sollten sich neue Erkenntnisse ergeben, werden wir diese ergänzen.
Die Passagen Interior Design Week 2025 ist nun beendet. Weitere Details zur Veranstaltung und zu den verpassten Highlights finden Sie unter www.voggenreiter.com/passagen2025.