Schon Walter Scott formulierte 1806 sehr treffend:
„Der Novemberhimmel ist kühl und düster,
Novembers Blatt ist rot und versengt„.1
Auch heute klingt das nach dem idealen Wetter, um sich eine neue Design- oder Architekturausstellung anzuschauen. Wir empfehlen als Rückzugsorte vor der Kälte und Tristesse des Novembers 5 Ausstellungen in Chemnitz, Brüssel, Winterthur, Krefeld und New York.
Für das Jahr 2025 sind Chemnitz und Nova Gorica in Slowenien die designierten Kulturhauptstädte Europas. Damit bietet sich die Gelegenheit, einen neuen Blick auf eine Stadt zu werfen, die aufgrund ihrer Geschichte heute oft eher als Kulturhauptstadt der DDR denn als Kulturhauptstadt Deutschlands wahrgenommen wird. Dabei handelt es sich um eine Stadt, die über viele Jahre, also vor der DDR, ein wichtiger Motor der Industrialisierung in Europa war. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass Chemnitz eine der treibenden Kräfte bei der Ausarbeitung und Verabschiedung des Reichspatentgesetzes von 1887 war. Es war eines der ersten formellen Gesetze dieser Art in Deutschland und sollte die in Chemnitz entwickelten neuen Technologien schützen.
Diese Entwicklung der Industrialisierung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verhalf Chemnitz zu großem Wohlstand, so dass auch viele europäische Kreative in die Stadt reisten, um Aufträge anzunehmen, darunter der belgische Architekt und Designer Henry van der Velde, der neben zwei Villen und zahlreichen Inneneinrichtungen in der Stadt auch 1908 einen Rasentennisclub entwarf, der heute leider nicht mehr existiert. Ein Rasentennisclub im Jahre 1908 ist an sich schon ein deutliches Symbol für Wohlstand und Prosperität.
So ist Henry van de Velde auch Inspiration und Impulsgeber für die Ausstellung „Reform of Life“, die Objekte von van de Velde aus dem Henry van de Velde Museum der Kunstsammlung, das in der Villa Esche van de Veldes untergebracht ist, mit Werken aus der Sammlung Textil und Angewandte Kunst der Kunstsammlung vereint, die zwischen 1880 und 1950 u.a. von William Morris, Max Bill, Otto Berger oder der Chemnitzerin Marianne Brandt geschaffen wurden. Die Ausstellung will damit nicht nur den Weg vom Jugendstil zur Nachkriegsmoderne im deutschen Kontext verständlicher machen, sondern auch die Rolle und den Einfluss Henry van de Veldes auf Architektur und Design in der ersten Hälfte des 20.
Die Ausstellung "Reform of Life" wird am Sonntag, 24. November, in den Kunstsammlungen am Theaterplatz, Theaterplatz 1, 09111 Chemnitz, eröffnet und ist bis Sonntag, 2. März, zu sehen. Weitere Informationen finden Sie unter www.kunstsammlungen-chemnitz.de.
In diesen Beiträgen haben wir oft die Frage gestellt, ob und wozu wir Architekten brauchen. Nicht um Architekten zu ärgern, oder zumindest nicht ausschließlich, sondern (vor allem) um zu hinterfragen, wie unsere gebaute Umwelt realisiert wird und wie sie realisiert und immer wieder neu gedacht und entwickelt werden könnte, sollte, ¿müsste?
Und wie wir alle wissen, aber nur selten darüber nachdenken, gab es eine Zeit vor der Architektur, eine Zeit, in der Gebäude einfach gebaut und nicht komplex architektonisch gestaltet wurden; eine Realität, die nach Ansicht von CIVA, Brüssel, hätte fortbestehen können. Aber - so die Ausstellungsmacher - die menschliche Gesellschaft hat sich für etwas anderes entschieden.
Basierend auf Forschungen, an denen Künstler, Soziologen, Archäologen und Architekten wie Ettore Sottsass, Mariana Castillo Deball, Hans Hollein oder Anton Vidokle & Pelin Tan beteiligt waren, will “Pre-architectures” menschliche Räume als Bestandteile sozialer, ökonomischer und politischer Kontexte reflektieren. Damit will die Ausstellung einen differenzierten Blick auf die Architektur ohne Architekten ermöglichen, die beispielsweise für die theoretische Entwicklung von Tsuyoshi Tanes Gartenhaus auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein so zentral war. Dabei geht es auch um die Möglichkeiten und Risiken von Architektur ohne Architekten in unserer heutigen Gesellschaft, die weitaus komplexer ist, als sie Bernard Rudofsky 1964 in seinem Buch “Architecture Without Architects: A Short Introduction to Non-Pedigreed Architecture” dargestellt hat,
Die Ausstellung “Pre-architectures” wird am Mittwoch, den 6. November im CIVA, Rue de l'Ermitage 55, 1050 Brüssel eröffnet und dauert bis Sonntag, den 30. März. Weitere Informationen unter https://civa.brussels.
Das dunkle Zeitalter wird so genannt, weil es an verlässlichen und überprüfbaren Informationen über diese Epoche mangelt, nicht weil es physisch dunkel war. Obwohl es das natürlich auch war. Denn unter den vielen Indikatoren für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und ihrer zunehmenden Komplexität im Laufe der Jahrhunderte ist einer besonders überzeugend: die zunehmende Beleuchtung des menschlichen Lebensraums.
Diese Zunahme des Lichts hatte kulturelle, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen und brachte Probleme mit sich, die noch nicht vollständig verstanden sind, wie zum Beispiel die Auswirkungen unserer beleuchteten Welt auf die natürliche Welt.
Die Zusammenhänge zwischen Licht, Dunkelheit, Schlaf, Wachsein, Natur und menschlicher Gesellschaft werden in der Ausstellung “Lighten Up!” durch Installationen von 17 internationalen Künstlern beleuchtet.
Die Ausstellungskapitel "Die Natur des Lichts", "Die Dynamik des Tageslichts", "Biologische Uhren", "Nächtliches und künstliches Licht", "Die Natur der Zeit", "Aktivitäts- und Ruhezyklen" und "Die Geheimnisse von Schlaf und Traum" sollen verdeutlichen, dass unsere Beziehung zum Licht sehr komplex ist, und so dazu anregen, unseren Umgang mit Licht zu hinterfragen.
"Lighten Up! im Rhythmus von Tag und Nacht” wird am Freitag, 22. November im Gewerbemuseum Winterthur, Kirchplatz 14, 8400 Winterthur eröffnet und dauert bis Sonntag, 11. Mai. Mehr Informationen unter www.gewerbemuseum.ch.
Der ukrainisch-amerikanische Architekt, Künstler und Designer Friedrich Kiesler war, wie bereits erwähnt, in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts einer der interessantesten und aufschlussreichsten Raumdefinierer, ein Hinterfrager der Beziehungen zum und im Raum, ein Gestalter, der mit Projekten wie seiner Szenografie für das Theaterstück W.U.R. Werstands Universal Robots in Berlin, seiner Innenarchitektur für das Film Guild Cinema in New York oder seinem Konzept des Endless House zu den extremsten Raumimaginatoren seiner Generation gehörte. Eine Rolle, die nach dem Krieg 1939-45 in vielerlei Hinsicht der österreichische Architekt und Bildhauer Walter Pichler übernahm, ein Gestalter, der wesentlich zur Entwicklung der theoretischen Grundlagen beitrug, um die dogmatischen Grenzen der funktionalistischen Nachkriegsmoderne in Bezug auf den Raum und die Bedürfnisse des Menschen im und aus dem Raum zu überwinden und damit die Definition des Begriffs „Architektur“ zu öffnen.
Mit rund 120 Objekten und einer Installation von raumlaborberlin, einem Kollektiv, das in den letzten Jahren immer wieder seinen eigenen, unvoreingenommenen Zugang zum Raum demonstriert hat, möchte das Kaiser Wilhelm Museum Krefeld zwei Kreative miteinander ins Gespräch bringen, die Antworten auf die Fragen nach dem Raum, der Raumschöpfung, unserem Umgang mit dem Raum und unserer Beziehung zum Raum geben, die in den letzten Jahren immer wieder ihren ganz eigenen, unvoreingenommenen Zugang zum Raum demonstriert haben, in einen Dialog zu bringen, um die Schnittmengen und Divergenzen im Werk von Pichler und Kiesler besser zu erkennen und damit nicht nur diese beiden Werke, sondern auch den Architektur- und Designdiskurs des 20. Jahrhundert und die Geschichte der Architektur jenseits des Gebauten, das so oft als Geschichte der Architektur verstanden wird, besser zu verstehen. Sie ist aber nur ein Teil dieser Geschichte.
Visionäre Räume. Walter Pichler trifft Friedrich Kiesler in einer Ausstellung von raumlaborberlin wird am Freitag, den 22. November in den Kunstmuseen Krefeld, Kaiser Wilhelm Museum, Joseph-Beuys-Platz 1, 47798 Krefeld eröffnet und läuft bis Sonntag, den 30. März. Weitere Informationen unter https://kunstmuseenkrefeld.de.
1Walter Scott, Marmion; A Tale of Flodden Field, Archibald Constable and Company, Edinburgh, 1808, page 3