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5 neue Designausstellungen im Oktober 2017

„October is the month of painted leaves. Their rich glow now flashes round the world. As fruits and leaves and the day itself acquire a bright tint just before they fall, so the year near its setting. October is its sunset sky; November the later twilight“.  

Bevor allerdings Henry David Thoreaus Dämmerung über uns kommt, soll der Glanz der folgenden fünf Architektur- und Designausstellungen in Nürnberg, Lausanne, Hamburg, Eindhoven und Barcelona erstrahlen.

„Von der Kunst, ein Teehaus zu bauen“ im Neues Museum Nürnberg

Nur wenige Kulturen hatten einen ähnlich starken Einfluss auf Architektur und Design weltweit wie die japanische: von den Lackarbeiten des 16. und 17. Jahrhunderts über die Einflüsse des Post-Sakoku-Zustroms von Kunst- und Kulturgegenständen auf die jungen Vertreter des Art Nouveau, über den Einfluss japanischer Architektur auf die Funktionalisten zwischen den beiden Weltkriegen, bis hin zur heutigen Zeit, in der zeitgenössische und traditionelle Weltanschauungen Einfluss auf Kreative weltweit haben.

Mit der Ausstellung „Über die Kunst, ein Teehaus zu bauen“ hat sich das Neue Museum Nürnberg zum Ziel gesetzt, den Besucher auf eine Reise durch japanische Architektur, Kunst, Fotografie, japanisches Design und Handwerk zu schicken und dem Besucher so die japanische Vorstellung von Ästhetik und deren Entwicklung zu vermitteln: angefangen beim japanischen Teehaus. Oder besser gesagt angefangen bei dessen Verbindung zum Zen Buddhismus und den Auswirkungen all dessen auf die letzten 500 Jahre.

Unterteilt ist die Ausstellung in sieben Bereiche, die Themen wie Natur und Artefakt, Neues Handwerk oder dem Wert der Unvollkommenheit gewidmet sind. Der Titel „Von der Kunst, ein Teehaus zu bauen“ hört sich eher nach einer Zelebrierung der japanischen Ästhetik als nach einer kritischen Untersuchung an. Als hätten die Kuratoren möglicherweise seit langem beschlossen, dass alles Japanische absolut „Suteki“ sei. Der Pressetext lässt aber darauf hoffen, dass es genug Material und Raum geben wird, um dem Besucher eine eigene Bewertung der präsentierten Positionen zu ermöglichen und so den Wert und die Relevanz der japanischen Ästhetik zu erfahren.

„Über die Kunst, ein Teehaus zu bauen“ wird am Freitag, den 27. Oktober im Neues Museum Nürnberg, Luitpoldstraße 5, 90402 Nürnberg, eröffnet und läuft bis Sonntag, den 18. Februar.

Kengo Kuma, Pavillon „Hojo-an“, gebaut anlässlich des 800. Geburtstages von Kamo no Chômei in Shimogamo Jinja Schrein, Kioto, 2013 (Foto: Kengo Kuma & Associates, mit freundlicher Genehmigung des Neuen Museum Nürnberg)

„Out of the Ordinary. Carte blanche to Studio Wieki Somers“ im Musée de design et d’arts appliqués contemporains, Lausanne, Schweiz

Es sind genau drei Jahre vergangen, seitdem wir Studio Wieki Somers auf dem Blog erwähnt haben.

Dabei ging es auch um eine Ausstellung mit dem Titel „Out of the Ordinary“ – 2014 im Museum Boijmans Rotterdam, dieses Jahr geht es um eine im MUDAC Lausanne.

Um ehrlich zu sein, wären wir nicht enttäuscht, wenn es sich um die gleiche Ausstellung handeln würde. Mal abgesehen von den drei Jahren kreativer Entwicklung, die uns dabei entgehen würden.

Dylan van den Berg und Wieki Somers trafen sich während ihres Studiums an der Design Akademie Eindhoven in den späten 1990er-Jahren und gründeten ihr Studio Wieki Somers im Jahr 2003. Da sie Eindhovener der späten 1990er-Jahre sind, hat die Arbeit ihres Studios zwangsläufig sehr starke konzeptuelle Momente; was sich gut beobachten lässt bei den regelmäßigen Kooperationen mit der Galerie kreo Paris, aber auch anhand der Entwicklung von Produkten, die beispielsweise in Kooperationen mit Herstellern wie Tectona, Kahla oder Kinnasand entstanden sind.

Eher wie niederländische alte Meister denn als Designer entwickeln Dylan und Wieki dynamische, lebendige Stillleben. Arbeiten, die den Moment einfangen ohne ihn einzusperren und so dem Banalen Poesie verleihen.

„Out of the Ordinary. Carte blanche to Studio Wieki Somers“ wird am Mittwoch, den 25. Oktober im MUDAC, Place de la Cathédrale 6, 1005 Lausanne eröffnet und läuft bis Sonntag, den 11. Februar.

Aoyama von Studio Wieki Somers für Galerie kreo (Foto © Studio Wieki Somers, mit freundlicher Genehmigung des MUDAC Lausanne)

„Never Demolish. Transformation von 530 Wohneinheiten in Bordeaux von Lacaton & Vassal, Druot und Hutin“ im AIT – ArchitekturSalon Hamburg

Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir jede Ausstellung, bei der die französischen Architekten Anne Lacaton, Jean-Philippe Vassal und Frédéric Druot vertreten sind, auch empfehlen würden. Und das wird sich aller Voraussicht nach auch nicht ändern.

Im Jahr 2004 präsentierte das Trio mit seinem PLUS Konzept einen Vorschlag zur Renovierung und Modernisierung von Hochhäusern aus den 1960er- und 70er-Jahren als Gegenentwurf zum üblichen französischen Modell, das den Abriss und Neubau vorsieht. Dabei handelt es sich vor allem auch um ein Konzept, das, je mehr man darüber erfährt, umso ökonomischer, sozialer und umweltfreundlicher erscheint, und nicht zu vergessen immer demokratischer. Das erste größere Projekt, das aus den Forschungen hervorging, war der Tour Bois Le Pretre in Paris im Jahr 2011. Im Jahr 2016 gesellte sich Christophe Hutin hinzu, um gemeinsam 530 Wohnungen in drei Hochhausblöcken in Bordeaux zu modernisieren.

In vielerlei Hinsicht ist die Ausstellung die perfekte Ergänzung zur Ausstellung „Pure Gold. Upcycled! Upgraded!“ im Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg. Sie verspricht nämlich die Dokumentation der Transformation überwiegend anhand von 1:1 Fotos in und aus den modernisierten Wohnungen. Ein Ausstellungskonzept, das sich ähnlich bzw. genauso anhört wie das der Ausstellung „Druot, Lacaton & Vassal: Tour Bois le Prêtre – Transformation eines Wohnhochhauses“ von 2013.

Dabei handelte es sich um eine sehr effektive Ausstellung, die die Grundaspekte des Konzeptes sehr ordentlich, kohärent und zugänglich präsentierte und so eine offene Diskussion ermöglichte, wie man am besten sinnvollen, zeitgenössischen Wohnungsbau realisieren könnte. Und wie Lacaton & Vassal, Druot und Hutin sicherlich zugeben würden: Wenn ein Ausstellungskonzept funktioniert, warum es dann nicht nochmal nutzen?

„Never Demolish. Transformation von 530 Wohneinheiten in Bordeaux von Lacaton & Vassal, Druot und Hutin“ wird am Donnerstag, den 12. Oktober im AIT – ArchitekturSalon Hamburg, Bei den Mühren 70, 20457 Hamburg eröffnet und läuft bis Donnerstag, den 23. November.

„Never Demolish. Transformation von 530 Wohneinheiten in Bordeaux von Lacaton & Vassal, Druot und Hutin“, AIT – ArchitekturSalon, Hamburg (Foto © Philippe Ruault, mit freundlicher Genehmigung des AIT Hamburg)

„Materialising the Internet“ im MU, Eindhoven, Niederlande

Trotz seiner Allgegenwart ist das Internet virtuell. Es existiert nicht in einem physischen Sinne. Dies scheint erstmal offensichtlich – bis man sich hinsetzt und mal wirklich darüber nachdenkt. Da das Internet derart überhand nimmt, erlangt es den Charakter einer fühlbaren Einheit. Aber was, wenn das Internet auch wirklich ein physischer Gegenstand wäre? Was, wenn es anstatt unsere physische Welt nur zu beeinflussen, auch wirklich ein Teil von ihr wäre? Welche Formen würde es annehmen, wie würden unsere Interaktionen damit aussehen, wie würde sich unsere Wahrnehmung des Internets von der jetzigen unterscheiden, wie würde ein physisch existierendes Internet unsere Wahrnehmung der Welt verändern?

Mit solchen und ähnlichen Fragen befassen sich 20 internationale Designer und Künstler bei „Materialising the Internet“. Eine Ausstellung, die, so scheint es, das Potential hat, ein interessanter Beitrag zu aktuellen Diskussionen über die sich zunehmend vermengenden virtuellen und physischen Identitäten zu sein.

„Materialising the Internet“ wird am Freitag, den 6. Oktober im MU, Torenallee 40-60, 5617 BD Eindhoven eröffnet und läuft bis Sonntag, den 12. November.

Clement Valla, Untitled (Still Life 3) (Mit freundlicher Genehmigung des MU Eindhoven)

„After the End of the World“ im Centre de Cultura Contemporània de Barcelona, Katalonien

Mit dem Übergang zum Anthropozän haben wir als Spezies keine andere Wahl als unsere Lebensweise zu ändern. Wir hatten in der Vergangenheit Möglichkeiten das freiwillig zu tun. Wir haben sie ignoriert und jetzt kommen wir nicht mehr daran vorbei.

Mit der Ausstellung „After the End of the World“ präsentiert das Centre de Cultura Contemporània de Barcelona mit eigenen Worten „acht umfassende Installationen“, die versprechen, sich nicht nur mit unserer derzeitigen Situation zu beschäftigen, sondern auch Vorschläge zu machen wie die Gesellschaft des 22. Jahrhunderts demokratisch verantwortungsvoll und nachhaltig organisiert werden könnte.

Vorausgesetzt natürlich, wir schaffen es bis dahin.

Neben Beiträgen von internationalen Kreativen wie Tomás Saraceno, Charles Lim oder Superflex umfasst „After The End of the World“ auch den sogenannten Beta Station Laboratory Space, in dem Workshops und Diskussionen stattfinden sollen. Hinzu kommt eine City Station in Barcelonas Bezirk Sant Marti, wo die Öffentlichkeit an einer Reihe kollektiver Forschungsprojekte teilnehmen kann, die alle das Ziel verfolgen, so viele Menschen wie möglich in den Diskurs mit einzubeziehen.

Und wir können nur allen empfehlen sich zu beteiligen. Schließlich werden Fragen aufgeworfen, die die Entwicklung unserer zukünftigen Gesellschaft betreffen. Diese drängenden Fragen zu ignorieren ist keine Option mehr.

„After the End of the World“ wird am Mittwoch, den 25. Oktober im Centre de Cultura Contemporàna de Barcelona, Montalegre 5, 08001 Barcelona eröffnet und läuft bis Sonntag, den 29. April.

 

Bruch im Larsen C Schelfeis, Antarktis (Foto © NASA/John Sonntag, mit freundlicher Genehmigung des CCCB)

‡ Henry David Thoreau, Autumnal Tints, The Atlantic Monthly, October 1862.