Bauhaus in der DDR: Die Formalismusdebatte

Das Bauhaus Dessau wurde offiziell am 4. Dezember 1926 eröffnet. Um jetzt den 90. Geburtstag der Institution zu feiern, wird am 4. Dezember der Grundstein für das neue Bauhaus Museum Dessau gelegt – nur einen Monat nach dem Grundstein für das neue Bauhaus Museum Weimar. Beide Museen werden im Rahmen der Vorbereitungen des kommenden hundertsten Jahrestages der Bauhausgründung 1919 gebaut.

Wie wir finden ein passender Moment um darüber nachzudenken, wie das Bauhaus rezipiert wurde – oder zumindest, wie das Bauhaus in seinen frühen Jahren, in der neuen alten ostdeutschen Heimat rezipiert wurde.1

The planned new Bauhaus Museum Dessau, view from Stadtpark (Image © Gonzalez Hinz Zabala courtesy Stiftung Bauhaus Dessau)


Das geplante neue Bauhaus Museum Dessau, Blick vom Stadtpark (Bild © Gonzalez Hinz Zabala mit freundlicher Genehmigung der Stiftung Bauhaus Dessau)

Bauhaus in Ostdeutschland: Die ersten Jahre nach dem Krieg

Da die Wege des Herrn bekanntlich unergründlich sind, fanden sich die beiden wichtigsten Bauhausinstitutionen, Weimar und Dessau, nach dem Krieg in Ostdeutschland wieder2. Rein theoretisch war das Bauhaus genau das, was das junge Ostdeutschland der Nachkriegszeit damals dringend brauchte: die Grundsätze der internationalen Moderne sowie viele Bestandteile der Bauhausphilosophie eigneten sich perfekt als Theorie für den im großen Maßstab notwendigen Wiederaufbau, und das in einer Form, die im Hinblick auf die folgenden Jahrzehnte nachhaltig sein würde.

Der ostdeutsche Kunsthistoriker Lothar Lang notierte in seinem Buch Das Bauhaus 1919 – 1933. Idee und Wirklichkeit: „Kaum angezweifelt wird sein bahnbrechender Einfluss auf die Architektur und auf die industrielle Formgestaltung, einschließlich aller Konsequenzen für die Erneuerung der Wohnkultur, der Gestalt alltäglicher Gerätschaften und verwertbarer Ratschläge und Mustermodelle für die industrielle Fertigung, die, um nur einiges zu nennen, zu formschönen, praktischen Beleuchtungskörpern, Tapeten, Keramiken und Stahlmöbeln führten.“3

Anfänglich schien es als hätte es die DDR tatsächlich begriffen. Jedenfalls lobte die Berichterstattung der Zeitungen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren das Bauhaus immer als eine Möglichkeit für die Zukunft, nicht notwendigerweise 1:1, aber immer im Sinne von „was wir vom Bauhaus lernen können“. Im Jahr 1948 beispielsweise meinte die Berliner Zeitung, offenbar bekümmert über den Missbrauch von Ressourcen für ein „liederliches und geschmackloses Kunstgewerbe“, zumal in einer Zeit des Mangels: „das Bauhaus könnte gerade heute für den Neubau einer bescheidenen und doch formschönen Wohnkultur eine segensreiche Rolle spielen“.4 Im selben Artikel heißt es auch: „die Nachrichten von der bevorstehenden Wiedereröffnung des Dessauer Bauhauses wurden seinerzeit von vielen Seiten begrüßt“. Tatsächlich gab es kurzzeitig einen Plan für eine Wiedereröffnung des Bauhaus Dessau, der größtenteils vom Ex-Bauhäusler und Nachkriegs-Stadtplaner Hubert Hoffmann vorangetrieben, allerdings aufgrund politischer Uneinigkeiten schnell wieder fallen gelassen wurde.

Auch als Walter Gropius im August 1947 Berlin besuchte berichtete die ostdeutsche Presse ausführlich und positiv über seine Gedanken zum Wiederaufbau und erlaubte ihm sogar Werbung für sein modulares Konstruktionssystem zu machen, welches er damals mit Konrad Wachsmann in Amerika entwickelte. Gropius erachtete es als perfekt geeignet für die damaligen Probleme Deutschlands. In einem Bericht wird Gropius zitiert, als er, umgeben von den Ruinen Berlins, sagt: „auch können wir uns heute nicht mehr rückwärts in den Stil der Romantik und Gotik hineinfühlen. Ein neuer Baustil wird gefunden werden müssen, einer, der das Gesicht unserer Gegenwart trägt.“55

Das ist einer dieser Sätze, denen die vorteilhafte Position des Rückblickens einiges mehr an Pathos verleiht.

Aber auch wenn Gropius mit solchen Gedanken vorrückte, veränderte sich die Atmosphäre. Während also Lothar Lang 1965 eine Formulierung wie „kaum angezweifelt“ benutzen durfte, wurde das Bauhaus eine Dekade früher in Ostdeutschland nicht nur angezweifelt, sondern auch deutlich angefeindet.

Bauhaus Dessau, following the 1945 Allied bombing of Dessau (Source https://commons.wikimedia.org)

Bauhaus Dessau, nach der Bombardierung Dessaus durch die Alliierten 1945 (Quelle https://commons.wikimedia.org)

Bauhaus – „eine volksfeindliche Erscheinung“

Während der frühen 1940er Jahre begann sich langsam eine Debatte über das Wesen und die Richtung der zeitgenössischen Kunst durch die politischen und kulturellen Kreise Ostdeutschlands zu ranken. Eine Debatte, die hauptsächlich die Vorteile des Realismus in der Kunst hervorhob. Kunst sollte einen narrativen Inhalt haben und idealerweise die täglichen Qualen des Arbeiters auf positive Art und Weise reflektieren. Ausartende formale Tendenzen – eine Kunst, die den Schwerpunkt nicht auf den Inhalt sondern auf die die Form legt, sollte hingegen unterdrückt werden.

Diese Debatte hatte wie vieles in der Nachkriegsgeschichte Europas ihre Ursprünge in Moskau. Dort begann eine spezifische Diskussion über Formalismus und Realismus in der russischen Kunst bereits in den 1930er Jahren und wurde nach einer kurzen Pause während der Kriegsjahre weitergeführt.

Anne-Kathrin Weise bemerkt, dass „auf dem Sächsischen Künstlerkongreß in Dresden, der auf die erste Allgemeine Deutsche Kunstausstellung im Oktober 1946 folgte, die Forderung nach einer realistischen Kunst zwar noch nicht zur aktuellen Problematik erhoben wurde, aber schon, wenn auch in kleinem Rahmen, Fragen des Realismus und Formalismus diskutiert wurden.“6

Diese Diskussion wurde immer realer und breitete sich zunehmend aus. Auf dem 3. Parteitag der regierenden SED im Juli 1950 war aus dem Formalismus eine „volksfremde und volksfeindliche Strömung“ und eine „Waffe des Imperialismus“ geworden. Der Beschluss hielt auch fest: „Besonders stark herrschen in der Architektur die formalistischen Tendenzen vor, die an den wahren Bedürfnissen der Werktätigen vorbei gehen.“7

Als wohl naheliegendste und bekannteste Vertreter der formalistischen Tendenzen waren das Bauhaus und die Bauhäuslerinnen ein besonders beliebtes Ziel der Ostdeutschen Autoritäten.

Am 31.Oktober 1951 denunzierte der damalige stellvertretende Ministerpräsident und Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht, den „Bauhausstil“ in einer Rede vor der Volkskammer als eine „volksfeindliche Erscheinung“8, und führte dieses Thema am 8.Dezember 1951 anlässlich der Eröffnung der Deutschen Bauakademie fort. Die Institution wurde gegründet um die Bestrebungen des Wiederaufbaus zu leiten – und das in einer Form, die „im Dienste des werktätigen Volkes stehen“ sollte.

Nachdem Ulbricht anmerkte, dass „der Formalismus des sogenannten Bauhausstils und der Funktionalismus, der besonders von den Amerikanern in Westdeutschland eingeführt wurde“ die Architektur völlig in die Sackgasse geführt hätten, wetterte er weiter: „der Formalismus erklärt, es sei unmöglich, die großen Ideen der Zeit in der Architektur zu gestalten. Nur die Funktion und Baukonstruktion bestimmen nach ihm die Gestalt eines Gebäudes. Dementsprechend erklärte der Direktor des sogenannten Dessauer Bauhauses, Hannes Meyer, dass man nicht mehr von Baukunst sprechen könne, sondern nur vom Bau allgemein“9

All das zu einem Zeitpunkt, an dem die ostdeutsche Führung eigentlich das 25jährige Bestehen des Bauhaus Dessau hätte feiern können und sollen. 25 Jahre waren vergangen, seitdem das Bauhaus begonnen hatte, Handwerk und Industrie miteinander zu verbinden. 25 Jahre seitdem sich ein neues Architektur- und Designverständnis von einer kleinen Region in Europa aus über den Rest der Welt ausgebreitet hatte. Anstatt also nach 25 Jahren diese Erkenntnisse und kreativen Energien, inzwischen angereichert durch die globale Verbreitung, zurückzuholen, um die gleiche kleine europäische Region zu revitalisieren, beförderte man alles schnurstracks auf den Müll.

Nur wenige bringen uns näher an den Rand der Verzweiflung wie die Ostdeutschen.

The ADGB Bundesschule in Bernau near Berlin by the “director of the so-called Dessau Bauhaus, Hannes Meyer”

Die ADGB Bundesschule in Bernau nahe Berlin vom “Direktor des sogenannten Dessau Bauhaus, Hannes Meyer”

Form Follows Dogma

Es ist einfach, fast schon zu einfach, der ostdeutschen Regierung vorzuwerfen, einfach der Führung in Moskau gefolgt zu sein, was ja zutrifft. Die Entwicklungen müssen allerdings auch in einem breiteren Kontext betrachtet werden.

Wichtig ist vor allem die Tatsache, dass Ostdeutschland offiziell bis Oktober 1949 so nicht existierte. Zuvor war die Region sowjetische Besatzungszone und die Idee eines geeinten Deutschlands war noch nicht gänzlich verworfen. Als dies allerdings nach der Währungsreform von 1948 und der anschließenden Gründung von Ost- und Westdeutschland der Fall war, musste der neu gegründete Osten nicht nur Wege finden, sich von Westdeutschland abzugrenzen, sondern musste auch eine Form von Tradition und nationaler Identität etablieren. Und das ließ sich ganz offensichtlich in keinster Weise mit dem kapitalistischen Westen vereinbaren.

Und so – ähnlich einem Teenager, der seine Unabhängigkeit gegenüber den Eltern behauptet, und damit gegenüber dem ganzen dazugehörigem Erbe – wies die ostdeutsche Führung alles von sich, was für den dekadenten, kosmopolitischen Imperialismus von Westdeutschland stand.

Dazu gehörten unter anderem der Formalismus und so auch das Bauhaus.

Im Hinblick auf Architektur und Design sollte die Form zwar immer noch der Funktion folgen, die Definition von Funktion verlagerte sich allerdings vom Gebrauch auf ein dogmatisches, von der Politik vorgegebenes Konzept, welches festlegte, was im ideologischen Sinne Tradition und kulturelle Identität in Ostdeutschland bedeuteten.

Das war nicht gerade eingängig, und darüber hinaus auch ausgesprochen unpraktisch.

Im Bereich der Architektur bedeutete das mehr oder weniger eine Rückkehr zum Klassizismus, zu repräsentativen, monumentalen Arbeiten – hier ist die ehemalige Stalinallee10 in Berlin ohne Frage das berühmteste Beispiel – und eine Hinwendung zu Gebäuden, die den, wie Walter Ulbricht es formulierte, „rechteckigen Hochhäusern“ der Amerikaner/Westdeutschen zum verwechseln ähnlich sahen. „Diese Steinkästen sind der Ausdruck der formalistischen Ideenlosigkeit im Bauwesen“.11

In ähnlicher Weise wollte man, was Möbel und Inneneinrichtung anstatt schnell produzierter, leicht aufzubauender, ressourcensparender und kosteneffizienter Lösungen lieber solide, ornamentale, ja fast schon folkloristische Objekte. Rudolf Horn, zu dieser Zeit Student in Dresden und später einer der nennenswerteren funktionalistischen ostdeutschen Designer, erklärte uns: „es ging um die Arbeiter, die neue Klasse, die jetzt an der Macht war. Für die Arbeiter sollte etwas Neues entwickelt werden. Ihnen sollte so deutlich gemacht werden, wie wichtig sie waren. Und da dachte man vor allem an reich dekorierte Möbel, und nicht an einfache Kisten.“

Die „einfachen Kisten“ kamen allerdings trotzdem, im Möbeldesign genauso wie in der Architektur – und so kam es zu einer, wenn auch nur vorübergehenden, Rehabilitierung des Bauhaus.

Ähnlich wie der Beginn der Formalismusdebatte hatte auch ihr Abklingen ihren Ursprung in Moskau, genauer gesagt im Bezirk Kunzewo, wo Josef Stalin am 5. März 1953 starb.

Stalinallee Berlin ca. 1955 (Photo Bundesarchiv, Bild 183-32583-0005 / CC-BY-SA 3.0 Source https://commons.wikimedia.org)

Stalinallee Berlin ca. 1955 (Photo Bundesarchiv, Bild 183-32583-0005 / CC-BY-SA 3.0 Quelle https://commons.wikimedia.org)

Bauhaus in Ostdeutschland: Die langsame Rehabilitation

Der Tod Stalins führte zu grundlegenden Veränderungen in der sowjetischen Innen- und Außenpolitik, darunter Moskaus offizielle Haltung gegenüber Architektur und Stadtplanung. Während man unter Stalin historische, russische, nicht-formalistische und nicht-konstruktivistische Werte vertrat und deren Einhaltung verlangt wurde, vertrat sein Nachfolger Nikita Chruschtschow eine pragmatischere Position. So verkündete er auf der Unionskonferenz der Baufachleute der UdSSR im Dezember 1954 einen Schritt in Richtung einer größeren Industrialisierung und Standardisierung der Konstruktion, um Gebäude von höherer Qualität in schnellerem Tempo und zu geringeren Kosten zu bauen. Oder, um das Motto der Rede zu zitieren: „billiger und schneller zu bauen“.12

Auch wenn, wie Andreas Schätzke bemerkt, die Reaktion der DDR eher zögerlich ausfiel, wiederholte Walter Ulbricht 1955 Chruschtschows Forderungen und verkündete auf der Baukonferenz der Deutschen Demokratischen Republik: „Die Grundaufgabe, die auf dieser Konferenz beraten werden soll, heißt: „Besser, schneller und billiger bauen!“13

Walter Ulbrichts Dehnbarkeit in Sachen Architektur und Konstruktion dürfte keine Überraschung sein. Nicht umsonst war er der Mann, der bekanntermaßen sagte „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“ – bevor er dann genau das tat.

So kam es, dass man ab 1950 – die perfekte Demonstration der in Widersprüche verstrickten DDR-Administration – in aller Ruhe die Übel des Formalismus und des sogenannten Bauhausstils vergaß und langsam damit begann, eine Menge der zwischenkriegszeitlichen Ideen zu Architektur und Design anzunehmen. Das ging so weit, dass zum 50. Jahrestag der Eröffnung des Bauhaus Dessau der Rektor der Hochschule für Architektur und Bauwesen selbstbewusst verkünden konnte: „Wir sind sicher, dass dieses [Bauhaus] Erbe in zunehmendem Maße eine Rolle bei der Lösung der schönen und anspruchsvollen Aufgaben spielen wird, wie sie vor den Städtebauern, Architekten und Formgestaltern unserer Republik stehen.“14

Leider bedeutet das nicht, dass die Formalismusdebatte keine Langzeitfolgen hatte. Entweder als direkte Folge der Formalismusdebatte oder weil besagte Debatte es so schwer, wenn nicht gar unmöglich, machte, als Architekt oder Designer zu arbeiten, verlor Ostdeutschland mehr talentierte, innovative zeitgenössische Designer, als es sich hätte leisten können. Unter den bekannteren sind etwa Wilhelm Wagenfeld, Herbert Hirche, Gustav Hassenpflug, Marianne Brandt, Hans Scharoun und vielleicht am tragischsten Mart Stam, der im Jahr 1948 zugunsten von Ostdeutschland die Niederlande verließ, um dem frischgebackenen sozialistischen Staat zu helfen. Am ende wurde er dämonisiert, oder wie es Ernst Hoffmann, der zweite Sekretär der SED, 1951 verkündete: “ Genosse Stam ist ein Formalist…“.15

Bauhaus Dessau, 2016

Bauhaus Dessau, 2016

Bauhaus in Ostdeutschland – oder, über den Missbrauch von Kultur zu politischen Zwecken

Das Material aus den 1940er und 1950er Jahren zu lesen ist beeindruckend. Vor allem fällt aus der Distanz der vergangenen sechs Jahrzehnte auf, dass sich eine Menge der Kritik am Formalismus heute eher nach einem Lob anhört.

Zudem liest man in allem eine unvergleichliche Ironie des Schicksals heraus, so zum Beispiel in der Tatsache, dass das von einem rechten Regime geschlossene Bauhaus einige Jahre später den Angriffen eines linken Regimes ausgesetzt war. Dabei ist die Nähe zur Sprache der Nazis, die bestimmte kreative Strömungen wie eben auch das Bauhaus als ungermanisch denunzierten. Schlichtweg komisch mutet zudem die Annahme an, dass das, was aus lang vergangenen Zeiten stammt, fortschrittlicher sein könnte als die Dinge aus jüngerer Vergangenheit, selbst wenn diese ganz klar in einer langen Tradition stehen.

Aber Diktaturen, ob links oder rechts, waren noch nie bekannt für ihre Selbstironie. Was eine Schande ist, denn diese Gabe würde es ihnen ermöglichen zu realisieren, wie absurd und haltlos sie sind.

Zu dieser bitteren Komik gesellt sich zudem die Erkenntnis, dass eine Menge der Formalismuskritik schlichtweg falsch war. Die Kritik basierte größtenteils auf nicht haltbaren, unschlüssigen Argumenten, die entweder an der Realität vorbei gingen oder logische plausible Lösungen vorschlugen – für eine Wirklichkeit, die schlichtweg nicht existierte. Trotz allem waren das Argumente, die sich, oft genug wiederholt, zu Fakten auswuchsen – in einer Bevölkerung, die entweder unwillig oder unfähig war, diese Verzerrungen zu hinterfragen.

Diese Verzerrungen sollten die politische Macht zementieren. Kultur wurde zum Werkzeug und trat an die Stelle politischer Argumente. Sie war dabei immer ein hierarchisch strukturiertes Konzept und basierte nicht auf Gleichheit. Außerdem basierten diese Verzerrungen auf Damonisierung und hatten nichts mit Überzeugungsarbeit zu tun. Keine Strategien, die zum ersten Mal eingesetzt wurden, und eine Verzerrung, die auch heute noch existiert.

Folglich erinnert uns die Formalismusdebatte daran, dass das Bauhaus niemals ein Stil war oder  einer ist, sondern Teil einer langen Entwicklung der Frage wie man am besten auf sich ändernde soziale, kulturelle und ökonomische Bedingungen reagieren kann. Es ist also gar nicht notwendig, das Bauhaus zu mögen – solange man den Platz Bauhaus‘ in der Geschichte akzeptiert. Zudem erinnert uns die Formalismusdebatte daran, welche Gefahren in einem Missbrauch der Kultur liegen, beziehungsweise darin, Kultur zum Synonym von Identität werden zu lassen.

Insofern hoffen wir darauf, dass sich neben den Freischwingern, Leuchten, Wandtapeten, Kostümen, Fotografien und Architekturmodellen, die das neue Bauhaus Museum Dessau ohne Frage ausstellen wird, auch genug Platz findet um genau diese Nachkriegsjahre genauer zu erforschen. Jene Jahre in denen Dessau sehr viel weniger darauf versessen war, mit seinem heute zweifellos berühmtesten Gebäude in Verbindung gebracht zu werden.

1. Unser grundsätzlicher Schwerpunkt liegt auf Architektur und Design. Natürlich ist die Geschichte bezüglich Kunst, Theater, Fotografie etc…. genauso interessant, wichtig und relevant, jedoch zu umfangreich für einen solchen Post

2. Bauhaus Berlin gab es technisch gesehen auch, allerdings lag es im zukünftigen Westsektor der Stadt und wurde nie wirklich in Betrieb genommen

3. Lothar Lang, Das Bauhaus 1919 – 1933: Idee und Wirklichkeit, Zentralinstitut für Formgestaltung, Berlin, 1965.

4. „Kitschgewerbe oder Gebrauchsgerät? Ist das Bauhaus überlebt? / Wie steht es mit seiner Wiedereröffnung?“, Berliner Zeitung, Berlin, 29.04.1948

5. „Neue deutsche Baukunst? Gespräch mit Prof. Gropius“, Neue Zeit, Berlin, 12.08.1947

6. Anne-Kathrin Weise, Leben und Werk von Marianne Brandt ausführliche Biographie mit der Analyse ihres Werkes, Bibliographie, Werkverzeichnis, PhD Dissertation, Humboldt University Berlin, 1996

7. Hans Lauter, “Der Kampf gegen den Formalismus in Kunst und Literatur, für eine fortschrittliche deutsche Kultur. 5 Tagung des Zentralkomitees der SED vom 15-17 März 1951”, Dietz Verlag, Berlin, 1951

8. Walter Ulbricht: Kunst und Wissenschaft im Plan. Rede vor der Volkskammer 31.10.1951 quoted in Andreas Schätzke, Zwischen Bauhaus und Stalinallee: Architekturdiskussion im östlichen Deutschland 1945 – 1955, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1991

9. „Das Nationale Aufbauwerk und die Aufgaben der deutschen Architektur“ in Die Aufgaben der Deutschen Bauakademie im Kampf um eine deutsche Architektur, Henschelverlag Berlin, 1952

10. Es liegt eine Menge Ironie darin, dass während Stalin hinter großen Teilen der Formalismuskritik stand, die Schriften Marx‘ zitiert wurden um diese Kritik zu untermauern

11. „Das Nationale Aufbauwerk und die Aufgaben der deutschen Architektur“ in Die Aufgaben der Deutschen Bauakademie im Kampf um eine deutsche Architektur, Henschelverlag Berlin, 1952

12. Quoted in Andreas Schätzke, Zwischen Bauhaus und Stalinallee: Architekturdiskussion im östlichen Deutschland 1945 – 1955, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1991

13. ibid

14. Karl-Albert Fuchs, Die Stellung des Bauhauses in der Geschichte und die Bedeutung seines Erbes für die entwickelte sozialistische Gesellschaft: Hauptvortrag zum Bauhaus-Kolloquium, Weimar, Oktober 1976, Wissenschaftliche Zeitschrift, Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar, Volume 23, Nr. 5/6, 1976

15. Hans Lauter, “Der Kampf gegen den Formalismus in Kunst und Literatur, für eine fortschrittliche deutsche Kultur. 5 Tagung des Zentralkomitees der SED vom 15-17 März 1951”, Dietz Verlag, Berlin, 1951

Bauhaus Dessau, 2016

Bauhaus Dessau, 2016

Tagged with: , , , , ,