Köln ist nicht nur eine Stadt, in der Design immer im Januar in Form der IMM Cologne und der Passagen Köln Gestalt annimmt, sondern eine in der man Kreativität das ganze Jahr über erfahren kann – und damit meinen wir ganz bestimmt nicht den Karneval, sondern vielmehr eine Kreativität, die in der Lage ist einen zu bereichern, herauszufordern und zu unterhalten. Neben sieben verschiedenen künstlerisch ausgerichteten Hochschulen, darunter die KISD – die Köln International School of Design, die Kunsthochschule für Medien und die internationale filmschule köln, beherbergt Köln eine lebendige Community von Architekten, Fotografen, Filmemachern, Künstlern, Musikern und Designern. In unserer Rubrik „Kreatives Köln“ haben wir uns für die kommenden Monate vorgenommen einige der Protagonisten vorzustellen, die der kreativen Szene Köln zu neuem Leben verhelfen. Den Anfang macht der in Köln ansässige Produktdesigner Thomas Schnur.
Geboren und aufgewachsen im Saarland schloss Thomas Schnur zuerst eine Tischlerlehre ab, bevor er Produktdesign an der Fachhochschule Aachen studierte, ein Studium, das unter anderem ein Semester an der École Supérieure d’Art et Design de Saint Étienne und ein Praktikum bei Mathieu Lehanneur in Paris beinhaltete. Nach seinem Abschluss im Jahr 2011 gründete Thomas Schnur sein eigenes Studio in Köln, in dem zahlreiche Produkte, Möbel- und Inneneinrichtungsdesign-Projekte entstanden; darunter der Raumteiler Barry für Naughtone und die Garderobe Gravity für Nomess Copenhagen.
Zum ersten Mal fiel uns Thomas Schnur im Kontext der Ausstellung „Objects for the Neighbour“ während der Cologne Design Week 2013 auf. Die gemeinsam von Thomas Schnur, Kai Linke und Karoline Fesser organisierte Ausstellung „Objects for the Neighbour“ präsentierte Arbeiten von acht jungen Designern und war hinsichtlich des Konzeptes, der Realisierung und des Inhalts eine der wirklich herausstechenden Veranstaltungen auf der Cologne Design Week 2013 – zudem 2014 und 2015 gefolgt von den ebenso interessanten Ausstellungen „Objects and the Factory“ und „Objects in Between“.
Wir haben uns mit Thomas Schnur getroffen, um über das tägliche Leben als junger Designer und als junger Designer in Köln zu sprechen. Begonnen haben wir allerdings wie immer mit der Frage: „Warum Design?“
Thomas Schnur: Ursprünglich habe ich eine Tischlereilehre abgeschlossen. Dort kam ich zum ersten Mal mit Design in Berührung. Ich habe mich immer für Malerei und Architektur interessiert. Während der Lehre wuchs dann mein Interesse an Möbelgestaltung, was mich wiederum bewog mich an verschiedenen Designschulen zu bewerben.
smow Blog: Nach deinem Abschluss bist du nach Köln gezogen, ging es dabei ausschließlich um bessere berufliche Möglichkeiten?
Thomas Schnur: Um ehrlich zu sein war es eher Zufall. Nach meinem Abschluss in Aachen habe ich weiter dort gelebt und als Freischaffender für ein Designbüro gearbeitet. Dann zog ein Freund aus seiner Wohnung in Köln aus, und da es noch keinen Nachmieter gab entschied ich mich die Wohnung zu übernehmen. Dass war natürlich auch ein logischer Schritt: Ich war zwar sehr zufrieden in Aachen, wusste allerdings, dass ich die Stadt irgendwann verlassen würde.
smow Blog: Eine nicht geplante, aber die richtige Entscheidung?
Thomas Schnur: Als ich zuerst auf eigene Faust anfing dachte ich, Aachen sei ein guter Ort: etwas isoliert, ein bisschen abseits und deshalb ein Ort, an dem ich nicht allzu sehr von allem beeinflusst sein würde, was die anderen machen. Allerdings habe ich schnell festgestellt, dass die täglichen Probleme immer größer werden, je weiter entfernt man von den Kollegen, Kunden etc. ist. Insofern war der Umzug nach Köln auf jeden Fall die richtige Entscheidung.
smow Blog: Ist Köln also die richtige Stadt für einen Designer?
Thomas Schnur: Ich denke schon. Es gibt hier in Köln verhältnismäßig viel Industrie und eine Menge Handwerksbetriebe. Zudem liegt Köln ziemlich zentral, man ist also schnell an allen möglichen Orten. Köln ist außerdem, sagen wir mal, eine improvisierte Stadt – ähnlich wie Berlin. Hinzu kommt die Art und Weise, in der sich die Ansässigen mit der Stadt identifizieren und dass, obwohl Köln nicht im klassischen Sinne attraktiv ist: Nach dem Krieg mehr oder weniger zusammengebastelt, kann man die Narben immer noch sehen. Diese Offenheit macht die Stadt sehr authentisch.
smow Blog: Hilft die IMM Cologne dabei Köln zu einem Designzentrum zu machen, oder findet sie einfach nur einmal im Jahr statt und hat sonst keine große Relevanz?
Thomas Schnur: Ich denke die Messe hilft auf jeden Fall. Nicht zuletzt, weil sie es einem sehr einfach macht mit Herstellern und anderen Beteiligten der Industrie in Kontakt zu kommen.
smow Blog: Du hast nicht nur auf der Cologne Design Week ausgestellt, sondern warst mit der „Objects…“ Reihe auch als Ausstellungsorganisator aktiv. Was war der Hintergrund zu der Ausstellungsreihe, wo lag deine Motivation?
Thomas Schnur: Ähnlich wie der Umzug nach Köln, ist auch das eher passiert, als das es geplant wurde. Der Fotograf Sven Lützenkirchen hatte einen Raum, welchen er für die Passagen zur Verfügung stellen wollte. Kai Linke, Karoline Fesser und ich dachten zu diesem Zeitpunkt aktiv darüber nach, wo und wie wir eine Ausstellung organisieren könnten; vor allem um Arbeiten zu zeigen, die Designer unserer Generation produzieren. Um somit ein Sprachrohr unserer Generation zu sein.
smow Blog: Uns haben die Ausstellungen immer sehr gut gefallen. Um ein anderes Thema anzusprechen: Seit du dein eigenes Studio gegründet hast, sind fünf Jahre vergangen. War diese Erfahrung härter, als du gedacht hättest?
Thomas Schnur: Ich dachte, es würde hart sein, die Realität war dann aber noch härter! In den ersten zwei bis drei Jahren verdient man nicht genug, um davon leben zu können und ist auf andere Einkommensquellen angewiesen. Aber so läuft es eben und es wäre naiv zu denken, es könnte anders gehen. Allerdings war für mich ein eigenes Studio immer die einzige Option und erscheint mir auch immer noch als die richtige Variante.
smow Blog: Selbst zu produzieren war nie eine Option für dich?
Thomas Schnur: Nein. Ich würde es zwar nicht ausschließen, aber momentan ist das keine Option für mich. Denn fängt man einmal damit an, muss man sich auch um den Vertrieb, das Marketing, die Finanzierung etc. … kümmern und es bleibt keine Zeit mehr für das Design, was für mich der wichtigste Punkt ist. Es gibt auch einfach Leute, die sehr viel besser darin sind Möbel zu verkaufen, als ich. Meine Stärken liegen im Designprozess, insofern erscheint es mir sinnvoll, mich auch darauf zu konzentrieren.
smow Blog: „Designprozess“ ist ein gutes Stichwort, hat sich dein Ansatz während der letzten 5 Jahre verändert?
Thomas Schnur: Was sich verändert hat, ist der Kontext. Während ich früher meine eigenen Projekte entwickelt habe, die auf meinen eigenen Ideen und Intentionen basierten, basieren meine aktuellen Projekte sehr viel mehr auf Instruktionen der Firmen, die mit einem bestimmten Wunsch, oder einer bestimmten Idee für ein Produkt kommen. Nach wie vor versuche ich, wenn ich mit der Arbeit an einem Projekt beginne, eine Art Wurmloch zu finden, durch dass ich meinen Weg in die Materie finde. Um dann einen zentralen Aspekt zu fokussieren. Durch diese selbstauferlegte Restriktion der Kreativität werden neue Möglichkeiten und Ansätze sichtbar.
smow Blog: Um einen kurzen Blick in die Zukunft zu werfen: Planst du in Köln zu bleiben?
Thomas Schnur:Insofern nichts völlig Unerwartetes passiert, ist der Plan in Köln zu bleiben und das Studio Schritt für Schritt weiterzuentwickeln. Es ist gut, wie sich die Dinge hier entwickelt haben und somit gibt es für mich keinen Grund Köln zu verlassen.
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