Am Abend des 9. Juni fand in der Bauhaus Universität Weimar die feierliche Eröffnung der Jahresschau Summaery 2015 statt und, ebenso feierlich, der Start unserer Sommertour zu Ausstellungen studentischer Arbeiten.
Für alle Interessierten, die sich an diesem Wochenende in und um Weimar aufhalten: Die Jahresschau Summaery 2015 findet noch bis Sonntag, den 12. Juli bis 18 Uhr in der Bauhaus Universität Weimar und in verschiedenen Locations in der Stadt statt; weitere Infos findet ihr hier: www.uni-weimar.de/summaery.
Wir möchten euch drei Designprojekte vorstellen, die uns ganz besonders aufgefallen sind:
Barbecue von Felicia Schneeweis
Vor ein paar Jahren haben wir festgestellt, dass, trotz der kulturellen und sozialen Relevanz des Grills, sich nur sehr wenige Designer seiner angenommen haben und dachten uns, wie schön es wäre, wenn sich der eine oder andere zeitgenössische Designer oder Hersteller einmal näher mit dem Thema beschäftigen würde. Felicia Schneeweis hat unser Flehen offenbar erhört und das Ergebnis ist ein wunderbar geformter, wenngleich leider namenloser Stahlblechgrill. Der im Rahmen des Kurses „Better Structures“ entstandene Grill wurde per Laser aus einem Stück Stahlblech herausgeschnitten und schließlich zu einem 3D-Objekt geformt – ein Prozess, der dem ähnelt, den die Berliner Designagentur E27 für die Objekte Loll und Sepia für den Hersteller Pulpo nutzte. Auch Schneeweis‘ Grill besticht durch Ästhetik und Zugänglichkeit. Wir sind E27-Fans, wir sind Fans von allem, was uns daran erinnert. An dem Grill gefällt uns ganz besonders, dass es sich dabei im Grunde genommen um ein Open-Source-Projekt handelt, das für die dezentralisierte Produktion geeignet ist.
Wie wir sicher schon einmal in der Vergangenheit erwähnt haben, sind die Zukunft des Marktes für Wohnaccessoires, und möglicherweise auch des Möbelmarktes, Objekte, die lokal am Verkaufsort hergestellt und dort vertrieben werden können. Die immer komplexer werdenden notwendigen Technologien in Kombination mit der Auffassung „zentralisierte Produktion + weltweiter Vertrieb = Missbrauch von Ressourcen“ wird in Zukunft dazu führen, dass man lieber in ein Geschäft geht, sich sein bevorzugtes Material aussucht und der Dienstleister dieses wie gewünscht zuschneidet, formt oder bedruckt, statt ein vorgefertigtes Produkt zu erwerben. Im Falle von Felicias Grill hieße das, du suchst dir die Farbe des pulverbeschichteten Stahls aus, dieser wird mit dem Laser bearbeitet, du nimmst deinen noch flachen Grill mit nach Hause und bringst ihn dort vorsichtig in Form. Dieses Konzept ist genauso wunderbar wie Felicias Grill selbst. Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass Felicia Schneeweis von uns bereits im Rückblick zur Summaery 2014 gefeatured wurde und wir möchten klarstellen, dass wir keine persönliche oder berufliche Verbindung zu ihr haben – ihr Werk spricht uns offenbar einfach an. Und wir freuen uns darauf, herauszufinden, ob das auch so bleibt …
Kusafisha Maij von Robert Hofmann und Damian Henn
Wir müssen dazu sagen, dass wir nicht wissen, ob dieses Konzept funktioniert und auch nicht wissen, ob es ähnliche Systeme gibt. Trotzdem waren wir, auch ohne Antworten auf die Fragen, schwer beeindruckt von Kusafisha Maij von Robert Hofmann und Damian Henn. Im Grunde genommen geht es um ein kleines Zelt oder einen großen, pyramidenförmigen Teebeutel. Die Idee ist nun, wenn wir es richtig verstanden haben, den Grund des Zeltes/Teebeutels mit Salzwasser zu befüllen, das dann in der Sonne verdunstet, an den Innenwänden kondensiert und als Trinkwasser in kleine Auffangtaschen fließt, denen es entnommen und schließlich wieder verbraucht werden kann. Genial. In den letzten Jahren haben wir zahlreiche Systeme gesehen, mit denen aus Salzwasser Trinkwasser gewonnen werden sollte, doch in der Regel erfordern diese aufwendige, komplizierte, statische Konstruktionen. Tatsächlich sind einige solcher Systeme, die im Rahmen eines anderen Kurses erstellt wurden, gerade im Innenhof der Universität Weimar zu sehen. Das Schöne an Kusafisha Maij – vorausgesetzt es funktioniert, was wir ja nicht wissen – ist, dass es sich hierbei nicht nur um ein kostengünstiges, wenig technisiertes, universell anwendbares mobiles System handelt, dass zu einem kleinen Objekt gefaltet werden kann und so in Rettungsflößen verstaut werden oder als Notfallhilfe auf Fischkuttern, Segelbooten und anderen Schiffen dienen kann, die sich ohne gut sortierte Bar auf die Weltmeere wagen. Wir müssen hinzufügen, dass Kusafisha Maij im Rahmen des Kurses „H2O“ unter der Leitung von Professor Martin Kuban entstanden ist, in dem den Studierenden die Aufgabe gestellt wurde, produktdesignrelevante Aspekte in Verbindung mit dem Thema Wasser zu finden und daraus ein Konzept zu erstellen. Während alle anderen Studierenden Objekte gestalteten, die dazu aufriefen, mehr Wasser zu verbrauchen, waren Robert Hofmann und Damian Henn die einzigen, die Wasser als das immer kostbarer werdende Gut darstellten, das es nun einmal ist. Das ist natürlich der korrekte Weg, den jeder Designer bei einer solchen Aufgabe einschlagen sollte.
Die Programmierbarkeit des Werkstoffes Holz von Roy Müller
Wie wir wissen, besteht die Quintessenz von Michael Thonets berühmtem 3D-Bugholzverfahren darin, an der künftigen äußeren Ecke des Holzes ein Metallteil zu verwenden, das das Holz dazu bringt, sich unter Druck anders zu verhalten, als es das normalerweise tun würde. Ein sehr ähnliches Prinzip hat Roy Müller angewendet, der Holzteile, die Hitze und Druck ausgesetzt wurden, mit einer Beschichtung versehen und diese dann gedämpft hat. Das Ergebnis ist, dass das Holz eine neue Form annimmt, die durch die äußere Beschichtung definiert und nur durch den Dampf ausgelöst wurde, ganz ohne mechanischen Druck. Roys Vorgehensweise, die er im Rahmen seiner Bachelorarbeit und in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden entwickelt hat, funktioniert, so stellen wir es uns jedenfalls vor, nur mit bestimmten Holzarten und ergibt nur bestimmte Formen. Ausgehend von den in Weimar ausgestellten Modellen würden wir trotzdem keine Einschränkungen vermuten und die Anzahl von Einsatzmöglichkeiten sollte hoch genug sein, um einmal gründlich zu untersuchen, wo die wirklichen Grenzen liegen und inwiefern der Prozess industriell anwendbar ist.
Neben den oben genannten Projekten waren wir sehr beeindruckt von Atmos von Jakob Kukula, das eine Art Kreuzung aus dem Projekt Dialogue biofeedback “wallpaper” von dem Designstudio Alissa + Nienke und Holon von Jetske Visser & Michiel Martens darstellt, die beide auf der Dutch Invertuals Body Language vertreten waren. Es handelt sich um eine Lampe, die sich mit der eigenen Atmung ausdehnt und zusammenzieht. How to Form a Design Movement von Lisa Hoffmann stochert in einem Wespennest herum und wir befürchten, dass dieses so schnell nicht beseitigt werden kann. Auch unter den Möbelkonzepten für die Bundesgartenschau 2021 in Erfurt waren einige gute Ideen, wobei uns das Objekt Gute.Stube besonders gefiel. Ein Konzept unterstrich mit seiner formalen Strenge, wie gut Intersections von Izabela Bołoz wirklich ist. Wir haben auch ein Konzept für einen Tisch gesehen, das uns überhaupt nicht gefallen hat, uns aber an ein Konzept hat denken lassen, das wir vermutlich wirklich sehr, sehr gut finden könnten, falls es mal jemand entwickeln sollte. Das ist ja das Tolle an solch einer Ausstellung von Studierenden, man wird inspiriert, motiviert, verärgert, beleidigt, unterhalten, irritiert und letztendlich vollkommen begeistert.
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