Bauhaus Archiv Berlin: „Sammlung Bauhaus“ & „100 Neue Objekte“

Nach einer Unterbrechung der Dauerausstellung, notwendig, um die kürzlich beendete Ausstellung „Sensing the Future: László Moholy-Nagy, die Medien und die Künste“ unterbringen zu können, hat das Bauhaus Archiv Berlin die Gelegenheit genutzt und sein Ausstellungskonzept umgestaltet.

Damit ist es dem Bauhaus Archiv gelungen, willkommenen frischen Wind in sein Museum zu lassen.

Bauhaus Archiv Berlin Sammlung Bauhaus

Bauhaus Archiv Berlin: Sammlung Bauhaus

Unter dem Titel „Sammlung Bauhaus“ liefert die Dauerausstellung nach wie vor einen sehr vagen Überblick; die komplette Geschichte des Bauhauses auf den wenigen verfügbaren Quadratmetern des Ausstellungsraums im Bauhaus Archiv Berlin zu präsentieren, wäre einfach unmöglich. Nichtsdestotrotz erreicht das Bauhaus Archiv mit dem neuen Ausstellungskonzept sehr viel mehr als die frühere Dauerausstellung. Die Präsentation ist jetzt sehr viel unterhaltsamer und zugänglicher, als es zuvor der Fall war – und das, obwohl weniger gezeigt wird, wenn wir es richtig einschätzen. Ein gutes Beispiel also für „weniger ist mehr“, wie einer der berühmteren Bauhausanhänger sagte.

Die Ausstellung wirft einen Blick auf die drei Bauhausstandorte, die wichtigsten Protagonisten, die Bereiche, in denen das Bauhaus aktiv war, und untersucht, wie die Schule funktionierte. Die neue Dauerausstellung untersucht das Bauhaus aber auch im Zusammenhang mit zugehörigen und ähnlichen Institutionen, seien es vom Bauhaus inspirierte Institutionen wie das sogenannte New Bauhaus in Chicago und die HfG Ulm in Deutschland, oder Zeitgenossen des Bauhauses wie die Burg Giebichenstein Halle, eine Institution, die ungefähr vier Jahre vor dem Bauhaus gegründet wurde und hinsichtlich der Lehre und der Philosophie ebenso avantgardistisch und anspruchsvoll war. Zudem macht die neue Dauerausstellung deutlich, dass es sich beim Bauhaus nicht nur um eine Schule, sondern auch um eine Bewegung handelte, die als Vorreiter neuer Ideen und bei der Entwicklung des Bauens und Lebens eine entscheidende Rolle spielte. Man neigt dazu, das zu vergessen, wenn man zu sehr bei der populären Formensprache einiger weniger „Bauhaus-Klassiker“ hängen bleibt und dabei übersieht, in welchem Kontext sie entstanden sind und vor allem: warum.

Bauhaus Archiv Berlin Sammlung Bauhaus Marcel Breuer Kitchen Vogler Surgery Berlin 1929 Kitchen Chair 1924

Eine Küche für die Praxis Vogler, Berlin (1929) und ein Küchenstuhl (1924) alle von Marcel Breuer, gesehen als Teil der neuen Sammlung Bauhaus, Bauhaus Archiv Berlin

Parallel zur Einweihung der neuen Dauerausstellung öffnet das Bauhaus Archiv Berlin auch eine neue Sonderausstellung mit 100 kürzlich erworbenen Ankäufen. Diese Präsentation unterstreicht unter dem Namen „100 Neue Objekte“ einerseits geschickt den erneuernden Geist der Dauerausstellung und die Tatsache, dass ein Museum wie das Bauhaus Archiv eine dynamische und vorausblickende Institution ist; zugleich ist die Besichtigung der Ausstellung aber auch ein schöner Blick zurück in die Vergangenheit. Dafür sorgen Objekte, die in jüngerer Zeit im Kontext der interessanteren Sonderausstellungen erworben wurden. Zu diesen Ausstellungen gehören beispielsweise „Mein Reklame-Fegefeuer. Herbert Bayer. Werbegrafik 1928 – 1938„, „Katsura Imperial Villa. Fotografien von Ishimoto Yasuhiro“, oder die Ausstellung „Hajo Rose – Bauhaus Foto Typo“ von 2010.

Unter einer  riesigen Abfolge von Fotografien, Malereien, Möbeldesigns, Spielzeugen , Keramiken und Kunstwerken gehörte ein faszinierender Stuhl von Hansgeorg Knoblauch aus dem Jahr 1932 für uns zu den absoluten Highlights – eine Arbeit, die gut in die Ausstellung „Klaarhamer according to Rietveld“ im Museum Utrecht passen würde. Hinzu kam für uns der  Einwegregenschirm Rainbelle von Ferdinand Kramer und eine Schreibtischlampe, die Heinrich Siegfried Bormann 1932 für den Leipziger Hersteller Kadem designte, und die daran erinnert, dass Bauhausabsolventen für richtige Industriebetriebe industrielle Produkte entwickelten, die ihren ganz eigenen Charme haben, ohne notwendigerweise in besagte Kategorie „klassisch“ zu fallen. Es handelt sich einfach um gute oder sehr gute Objekte.

Bauhaus Archiv Berlin Sammlung Bauhaus Lamp Heinrich Siegfried Bormann Kandem

Eine Lampe von Heinrich Siegfried Bormann für Kandem, gesehen bei „100 Neue Objekte“, Bauhaus Archiv Berlin

Kürzlich wurde bekannt gegeben, dass das Bauhaus Archiv nun endlich seine viel diskutierte und umstrittene Erweiterung erhält; beim Besuch der beiden Ausstellungen wird sehr deutlich, weshalb es diese Erweiterung dringend benötigt. Wenn alles nach Plan läuft – angenommen, die Bürokratie und aufgeblasene, streitsüchtige Architekten geraten nicht in den Weg – wird die Erweiterung 2019 abgeschlossen sein. Pünktlich also zum 100. Geburtstag des Bauhauses und nicht allzu bald.

Das Bauhaus ist weder A und O von Architektur und Design im 20. Jahrhundert noch handelt es sich um eine Bewegung, die das heilige Recht auf einen besonderen Stand hätte und bedeutender wäre als alle anderen. Jedoch war die Bewegung als Moment der europäischen Kulturgeschichte von großer Bedeutung und bleibt heute so relevant wie damals. Die Dauerausstellung des Bauhaus Archiv Berlin ist ein exzellenter Ort, um herauszufinden, welche Gründe es dafür gibt. Sie liefert die nötige Motivation für den Besucher, sich auf eine eigene Entdeckungsreise zu begeben – was genau das ist, was eine solche Ausstellung tun sollte.

„100 Neue Objekte“ läuft im Bauhaus Archiv, Klingelhöferstraße 14, 10785 Berlin bis Montag, den 25. Mai. Die Dauerausstellung „Sammlung Bauhaus“ läuft unter gleicher Adresse und – wie der Name es schon sagt – fortlaufend.

Alle Details, Öffnungszeiten und Informationen zu gesonderten Veranstaltungen und Führungen sind unter www.bauhaus.de zu finden.

Tagged with: , , , , , ,