Am Abend des 10. Julis eröffnete die Bauhaus Universität Weimar die 2014er Ausgabe ihrer jährlichen Studentenausstellung Summaery. In Sachen Produktdesign – und das sagen wir ohne böse Absicht – war es nicht die stärkste Summaery. Allerdings gab es einige Projekte, die uns mit dem Gefühl zurückließen, das Geld für die Zugfahrt nicht völlig umsonst ausgegeben zu haben. Diese hier in zufälliger Reihenfolge…
WOob von Lisa Kästner (Entstanden im Rahmen der Klasse: „Machen? – Anschluss 2014“)
Mit dem roten MDF und den kleinen Gummireifen sieht WOob aus, als gehöre er in die Kollektion eines berüchtigten Möbelherstellers aus Aschau im Chiemgau. Aber das ist nicht der Grund, warum er uns so gut gefällt. Momentan sind zahllose Objekte auf dem Markt, die sich als provisorische Tische nutzen lassen. Normalerweise werden diese jedoch an der Wand angebracht. WOob hingegen ist eher eine Art Rollkoffer. Und das bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Einerseits lässt sich so ein breiteres Spektrum an Zubehör, wie Lautsprecher, integrieren, andererseits ist WOob nicht nur ein Objekt für kleine Wohnungen, sondern auch der ideale Teilzeit-Arbeitsplatz. In vielen, vor allem neu gegründeten Firmen gibt es Mitarbeiter, die nicht täglich im Büro sind, und dennoch einen Tisch brauchen. Für solche Kollegen ständig einen Tisch frei zu halten, ist in den meisten Fällen Luxus. WOob aber ist auch dann funktional, wenn er nicht als Tisch genutzt wird. An den Tagen nämlich kann er einfach zum Verstauen von Bürobedarf genutzt werden. Treue Leser werden sich vielleicht an das Projekt „Bedcrate“ von Jack Brandsma in der Ausstellung „The Gronicles 4“ bei den Passagen Köln 2014 erinnern… Jack Brandsma und Lisa Kästner sollten sich dringend mal miteinander in Verbindung setzten. Ganz im Ernst!
Stance von Zhaowei Jia („about:form – Porzellan/Funktion/Bedeutung“)
Das Seminar „about:form – Porzellan/Funktion/Bedeutung“ hat sich für uns als eine kleine Schatzgrube herausgestellt. Vor allem wegen Projekten wie Stance von Zhaowei Jia. Abgesehen von dem nicht zu bestreitenden ästhetischen Charme der Arbeit, hat das Porzellanmesser etwas wunderbar bösartiges, wenn nicht sogar dadaistisches an sich. Ziemlich einmalig…
Gesten der Esskultur von Irene Nitz (Masterabschlussarbeit)
Projekte, bei denen es um nichts als perfekte Porzellanobjekte geht, waren in den letzten paar Jahren sehr populär. Das Konzept war dabei immer das gleiche; anspruchsvoll entwickelte, standardisierte Perfektion in einer postindustriellen Gesellschaft. Irene Nitz nähert sich dem Thema nun aus einer anderen Perspektive. Einen Großteil des Ressourcenverbrauchs macht das Heizen und Anfeuern von Brennöfen aus. Was würde also passieren, wenn man Objekte brennt, die ineinander gestapelt sind? Das ist zwar möglich, nur wird es laut Nitz grundsätzlich wegen der durch den Herstellungsprozess entstehenden Unregelmäßigkeiten in der Form abgelehnt. Aber was macht das schon? Ressourcen sind begrenzt. Wenn man also mehr Geschirr mit denselben Ressourcen brennen kann, ist das doch eine gute Sache? Müssen wir uns das eigentlich wirklich fragen? Wir hoffen nicht! „Gesten der Esskultur“ experimentiert aber nicht nur mit unterschiedlichen Strategien des Brennens, sondern versucht auch die sogenannten Brennhilfsmittel wiederzuverwenden, die im Brennofen das Porzellan stützen, für Ordnung sorgen und die in regelmäßigen Abständen nach dem Brennen entsorgt werden.
Akustik in biomorphen Formen von Felicia Schneeweis („about:form – Porzellan/Funktion/Bedeutung“)
Über die Jahre haben wir verschiedene Porzellanlautsprecherprojekte gesehen, aber nie eines, das uns wirklich umgehauen hätte. Felicia Schneeweis‘ Hasenohren brachten uns auch nicht gerade zum Ausflippen, aber wir konnten uns gut in die Arbeit hineinversetzen. Wahrscheinlich hält uns nur zurück, dass die Lautsprecher offensichtlich eher für sehr ordentliche Menschen gemacht sind. Nach zwei Wochen im smow Blog Büro wären die Hasenohren so eingestaubt, dass wir genauso gut die Musik vom Nachbarn mithören könnten. Aber für Menschen, die Ordnung halten, keine schlechte Sache.
Torus von Nils Brack (Unabhängiges Projekt)
Fragt man einen Autor nach Tipps für das Schreiben eines Bestsellers, wird er einem zweifellos raten, über etwas zu schreiben, das man kennt. Ideen entwickeln sich leichter aus vertrauten Situationen. In ähnlicher Weise entwickeln auch Studentenprojekte häufig Lösungen für Probleme, die Studenten und ihr Umfeld betreffen – weniger für die großen Probleme der Welt. Was nicht heißen soll, dass Studenten keine exzellenten Arbeiten produzieren könnten. Das stellt Torus sehr eloquent unter Beweis. Im Wesentlichen ist Torus ein System, das ein Bett, während es nicht in seiner eigentlichen Funktion als Schlafplatz genutzt wird, in eine anderweitig nutzbare Fläche verwandelt. Perfekt für Leute, die auf begrenztem Raum leben, wie in Studentenwohnungen also. Um ehrlich zu sein, haben wir Torus in wenigen Stunden, nachdem wir es gesehen haben, im Kopf schon weiterentwickelt, ein ganzes Stück weiterentwickelt. Und das nicht nur in Bezug auf Studentenwohnungen. Wir hoffen Nils Brack erhält die Chance bzw. nutzt die Chance, es uns gleich zu tun.
Handwerk Plus von Evelyn Reuß (Bachelorabschlussarbeit)
Grundsätzlich mögen wir weder gestrickte Möbel noch gestrickte Wohnaccessoires. Gestrickt werden sollen unserer Meinung nach einzig und allein Pullover! Projekte wie Iloz Ilots Lucille, ein Makramee Topfpflanzenständer oder Andrea Brenas armgestrickte Objekte sind Ausnahmen. Was uns an Handwerk Plus von Evelyn Reuß so gefällt, ist daher auch weniger die ach so heimelige gestrickte Optik, als die Tatsache, dass Evelyn über dem Experimentieren mit der Form auch angefangen hat, mit den Materialien zu experimentieren. Konkret bedeutet das, was hier aussieht wie modernes Seil, ist tatsächlich Seil, doch mit einem eisernen Kern. Die Sitze haben keine innere Stütze oder Skelettstruktur, die für Stabilität sorgen – die Konstruktion basiert allein auf dem mit Eisendraht gestärkten Seil. Das hat uns natürlich gefallen. Und wir wissen, dass es eine Menge Leute gibt, die auf die Strickoptik stehen… Insofern werden wir in den nächsten Monaten wohl noch mehr von Handwerk Plus zu sehen bekommen. Voraussichtlich unter einem neuen Namen.
Alle Details sind unter www.uni-weimar.de/summaery zu finden.
Tagged with: Akustik in biomorphen Formen, Bauhaus Uni Weimar, Evelyn Reuß, Felicia Schneeweis, Gesten der Esskultur, Handwerk Plus, Irene Nitz, Lisa Kästner, Nils Brack, Stance, Summaery, Torus, Weimar, WOob, Zhaowei Jia