Wie schon in unserem Post „5 neue Designausstellungen im Juli 2014“ erwähnt, sind Juli und August tendenziell ruhige Monate in der Welt der Architektur- und Designausstellungen. Zur Untermauerung dieser Behauptung sind unter unseren Empfehlungen für den August auch nur Architekturfotografien in Köln, portugiesisches Innendesign in Lissabon und Interface-Design in Sydney.
Und das war es auch schon! Das sind tatsächlich alle Eröffnungen im August und eine fand sogar schon Ende Juli statt.
„Markus Brunetti / FACADES. Kathedralen, Kirchen, Klöster in Europa“ im Museum für Angewandte Kunst Köln
Louis Kahn verbrachte bekanntlich seine Bildungsjahre damit die Ruinen europäischer Kathedralen zu skizzieren. Diese Skizzen und Studien beeinflussten zweifellos viele seiner eigenen Projekte: „Kein Architekt kann die Kathedrale einer anderen Epoche nachbauen und dabei die Sehnsüchte, die Liebe und den Hass der Menschen einfangen, zu deren Erbe die Kathedrale geworden ist“, schrieb er 1944 und weiter, „Aber wir dürfen uns nicht unterstehen die Lehren dieser Gebäude zu verwerfen, da sie über die geläufigen Charakteristika wahrer Größe verfügen – und auf diese müssen die Gebäude der Zukunft auf die eine oder andere Weise aufbauen.“1
Eine Vorliebe für Louis Kahns Ansichten lässt sich in Markus Brunettis großformatigen Fotografien europäischer Kathedralen und Kirchen ausmachen.
Seit 2005 ist Markus Brunetti durch Europa gereist und hat hartnäckig Sakralbauten fotografiert – darunter die Kathedrale Notre Dame von Reims, die Kathedrale von Burgos, die Frauenkirche in Dresden und die Kirche Santa Croce in Florenz. Alle Aufnahmen entstanden dabei aus einer bedingungslos frontalen Perspektive.
In der Nachbearbeitung entfernt Brunetti alle Menschen, Tiere und anderen Spuren des alltäglichen (sterblichen) Lebens aus seinen Fotografien und entwickelt so Bilder, die dem Betrachter erlauben sich vollständig auf die Architektur zu konzentrieren. So ist der Betrachter auch in der Lage, sich eine gewisse Vorstellung von den Sehnsüchten, der Liebe und dem Hass der Menschen zu machen, die für die Konstruktion verantwortlich waren.
„Markus Brunetti / FACADES. Kathedralen, Kirchen, Klöster in Europa“ ist zwischen dem 20. August und 14. Dezember 2014 im Museum für Angewandte Kunst, An der Rechtschule, 50667 Köln zu sehen.
„The respect and discipline are required to all“ im MUDE – Museu do Design e da Moda, Lissabon, Portugal
Im Jahr 1940 gründete die portugiesische Regierung eine Kommission für den Erwerb von Mobiliar, die dafür zuständig war sämtliche Regierungsgebäude, Institutionen und andere Regierungseinrichtungen mit Möbeln auszustatten. Diese Funktion hatte die Kommission ohne Unterbrechung bis 1980.
Folglich war die Kommission in ihrer Funktion zu großen Teilen für das formale Bild und die Identität des portugiesischen Staates verantwortlich und so auch für die Repräsentation der Regierung gegenüber dem Ausland und der gesamten portugiesischen Bevölkerung. Eine nicht gerade unbedeutende Tatsache, bedenkt man, dass die Kommission ihre Amtszeit unter Oliveira Salazars rechter Estado Novo Diktatur begann und bis zur Nelkenrevolution 1974, dem Ende Portugals als Kolonialmacht und auch darüberhinaus andauerte.
Auf Grundlage eines Forschungsprojekts der Universität Lissabon will „Respect and discipline are required to all“ nicht nur den Hintergrund und die Arbeit der Kommission untersuchen, sondern auch zeigen, wie ihr Einfluss heute noch in öffentlichen Gebäuden und dem öffentlichen Leben in Portugal spürbar bleibt.
Mit ungefähr 100 Exemplaren von durch die Kommission in Auftrag gegebenen, erworbenen und eingesetzten Möbeldesigns und zahlreichen Fotografien, Archivdokumenten und anderen Zeugnissen verspricht die Ausstellung vor allem auch Themen wie den Einfluss der internationalen Moderne in Portugal und die Beschränkungen von Design und Architektur durch einen konservativen, totalitären Staat zu beleuchten.
„The respect and discipline are required to all“ wurde bereits am 24. Juli im MUDE – Museu do Design e da Moda, Rua Augusta, nº 24, 1100-053 Lissabon eröffnet und läuft noch bis Sonntag, den 2. November.
„Interface: people, machines, design“ im Powerhouse Museum, Sydney, Australien
Zwar sind hochwertig designte technische Geräte in unserer modernen Welt omnipräsent, ihre Entwicklung hängt jedoch von den Mühen einer eher kleinen Zahl von Herstellern und Designern ab – einem kleinen, fast schon exklusiven Club, der jetzt den Mittelpunkt der Frühlingsausstellung im Powerhouse Museum in Sydney bildet.
Die Ausstellung beginnt so mit Dieter Rams und Hans Gugelot für Braun, bevor es beispielsweise mit Ettore Sottsass und Mario Bellin für Olivetti und dann mit Hartmut Esslinger und Jonathan Ive für Apple weitergeht. „Interface: people, machines, design“ untersucht und erklärt nicht nur die Entwicklung des Interfacedesigns während der letzten Jahrzehnte, die Ausstellung macht auch deutlich, dass es sich bei dieser Entwicklung nicht um einen organischen Prozess handelt, sondern dass sie das Resultat gemeinsamer Bestrebungen einiger weniger Visionäre und möglicherweise einiger Marketingabteilungen ist. Darüber hinaus verspricht die Ausstellung noch weiter in die Tiefe zu gehen und sich mit einigen historischen Beispielen von benutzerfreundlichem interaktiven Design zu befassen – jedoch mit interaktivem Design ohne die großen, marktfähigen Namen.
„Interface: people, machines, design“ wird am 15. August im Powerhouse Museum, 500 Harris Street, Ultimo, Sydney eröffnet und ist dort bis Samstag, den 11. Oktober, zu sehen.
1. Zitiert in Eugene J. Johnson, „A Drawing of the Cathedral of Albi by Louis I. Kahn“, Gesta, Vol. 25, No. 1, Essays in Honor of Whitney Snow Stoddard, 1986
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