Wir haben schon in unserer Besprechung des Buchs „Wegner – Just one good chair“ erwähnt, dass Hans J. Wegner einen Großteil seiner Karriere damit zugebracht hat, seine Stuhldesigns zu perfektionieren und weiterzuentwickeln.
„Ach, könnte man im Leben nur einen einzigen guten Stuhl entwerfen…“ soll er 1952 gesagt haben, „…aber das geht eben nicht.“ Ähnlich erging es Egon Eiermann, für den sein nächstes Stuhldesign immer der „Stuhl seines Lebens“ werden sollte. Während Ludwig Mies van der Rohe ja der (berühmten) Meinung war, es sei schwerer einen Stuhl zu designen als einen Wolkenkratzer zu bauen.
Ungeachtet seiner spezifischen Einfachheit war der Stuhl immer schon einer der ergiebigsten Bereiche im Möbeldesign – gerade weil er derart simpel ist. Wie entwickelt man etwas so einfaches weiter?
Bis Mittwoch, den 30. April zeigt die Werkbund Galerie Berlin „Zwischen den Stühlen – Möglichkeitsmodelle als Sitzgelegenheiten“, eine Ausstellung, die sich ganz dem aktuellen experimentellen Stuhldesign widmet und eine Ausstellung, die uns auf wunderbare Weise klar macht, warum Designer weiter mit Stuhldesigns experimentieren sollten.
Die von Prof. Axel Kufus kuratierte Ausstellung „Zwischen den Stühlen“ präsentiert 5 Stuhlkonzepte der UdK Berlin. Die Studentenprojekte zeigen die Vielzahl von Möglichkeiten im Stuhldesign und auch, wie sich Erkenntnisse aus dem Stuhldesign auf andere Produktdesignbereiche ableiten lassen.
Das „Hydra Stuhlprojekt“ von Jörg Höltje beispielsweise wurde mithilfe eines Hochdruck-Hydroformverfahrens für Rohre, einem relativ kostengünstigen Verfahren zur Produktion leichtgewichtiger Metallobjekte, entwickelt. Es wurde mit „Hydra“ zum ersten Mal im Möbeldesign angewandt. Bei „Fragment“ von David Geckeler, einem aus Aluminiumsandguss hergestellten Stuhl, wird das System mit dem das geschmolzene Aluminium in Form gebracht wird zum Teil der endgültigen Struktur – vor allem der Beine.
„Schlanzen“ von Max Schäth, Fynn Freyschmidt & Pascal Hien entstand 2011 im Rahmen des UdK-Forschungsprojektes „Exploring Alcantara“. Organisiert in Kooperation mit dem gleichnamigen italienischen Textilproduzenten, hatte sich das Projekt zum Ziel gemacht, einerseits neue potentielle Verwendungsmöglichkeiten für die Alcantara-Textilien zu finden und andererseits grundlegend die Wahrnehmung der Alcantara-Textilien neu zu definieren.
Max Schäth, Fynn Freyschmidt & Pascal Hien haben anfänglich ein Stück Alcantara (und wirklich nur das!) benutzt, um einen Stein zu polstern – ja wirklich. Danach haben sie den gleichen Prozess auf einen Plastikgartenstuhl angewandt – wieder ohne zusätzliche Polsterung oder Füllung, nur mit Alcantara.
Einen weiteren alternativen Ansatz für die Verwendung von Textilien bei der Möbelherstellung entwickelte Joscha Brose für sein Diplomprojekt 2009. Gewissermaßen entwickelt Brose Möbel mit einer textilen Gussform. Das Resultat ist ein Stuhl, der aus verschweißten Textilien besteht, die mit Polyurethanschaum gefüllt sind. Eine Herstellungsmethode, die nicht nur auf aktuelle Produktionstechnologien verzichtet, sondern auch eine Methode, die mit geringerem Ressourcenverbrauch und weniger Müll auskommt.
Die neueste Arbeit der Ausstellung ist Robert Fehses faltbarer Stuhl „Stand By“. Der Clou des aus Holz und Spritzgussplastik bestehenden Stuhls ist ein Mechanismus, der es erlaubt, den Stuhl mit einer Hand zusammenzuklappen, und die Tatsache, dass er einmal aufgeklappt sicher und von alleine stehen bleibt.
Das sind sehr simple Eigenschaften, die allerdings einen großen Unterschied machen können, wenn man schnell einen Raum umgestalten oder aufräumen möchte.
In Ergänzung zu den Stühlen erklärt eine kurze Videopräsentation jedes Projekt etwas genauer im Detail.
„Zwischen den Stühlen“ liefert zum einen eine gute Einführung in fünf interessante Projekte und erinnert zum anderen auch daran, dass Designstudenten mitunter tatsächlich nützliche Arbeiten während ihrer Studienzeit zustande bringen. Vor allem wenn sich das Studium an einer Institution wie der UdK Berlin abspielt, die Experimente fördert und unterstützt.
„Zwischen den Stühlen – Möglichkeitsmodelle als Sitzgelegenheiten“ ist bis Mittwoch, den 30. April in der Werkbund Galerie, Goethestraße 13, 10623, Berlin zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Alle Details einschließlich der Öffnungszeiten sind unter www.werkbund-berlin.de zu finden.
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