Für uns war eines der herausragendsten Projekte des Internationalen Marianne Brandt Wettbewerbs 2013 ohne Frage 2tables von der in Chemnitz geborenen ehemaligen Studentin der HTW Dresden und in Berlin lebenden Designerin Anna Albertine Baronius.
Und nein, wir sagen das nicht nur, weil sie damit den (smow)/USM Haller/Vitra SonderPreis gewonnen hat. Die Entscheidung wurde von Kräften getroffen, die viel weiser sind als wir. Wir sind unabhängig, doch gelegentlich kommen wir alle zu dem gleichen Schluss.
Wie der Name „2tables“ bereits andeutet, handelt es sich dabei um zwei Tische in einem Objekt. Ist die Tischplatte/Klappe oben, kann er als Schreibtisch verwendet werden, ist sie unten, versteckt sie nicht nur jeden Hinweis auf Arbeit, sondern stellt auch einen wohnlichen Holztisch dar. Und all das ist in ein formschönes und elegant verarbeitetes Objekt gepackt, das mit der Liebe zum Detail ausgestattet ist, die echtes Design von dem Allerweltsramsch unterscheidet, der so oft als Design ausgegeben wird.
Neben der intelligenten Konstruktion und der überlegten, gut proportionierten Form machen vor allem der Mechanismus, der das eingebaute Licht steuert, die Kabelführung, die magnetische Rückwand und die bei den Schubladen eingesetzte Detailverliebtheit – oder genauer gesagt die Tatsache, dass es überhaupt Schubladen gibt – 2tables zu einer wahren Freude.
Wir haben allerdings auch kritische Stimmen zum 2tables vernommen. So könne man, weil die Tischplatte gleichzeitig als Klappe dient, nicht das machen, was man normalerweise mit einem Tisch macht: Dinge darauf abstellen. Albertine Baronius sagte dazu auch: „Natürlich muss 2tables, wie jeder andere Tisch, nach Gebrauch abgeräumt werden. Außerdem kreiert er vielmehr die Möglichkeit alle Arbeitsmaterialien, mit offenen Büchern, Papieren und Notizen ans Whiteboard gepinnt aufzubewahren, bereit um am nächsten Morgen direkt weiterzuarbeiten. Und für uns ist das Teil des Reizes von 2tables, denn die Konstruktion zwingt einen, die eigenen Handlungsroutinen zu überdenken und schließlich zu verändern. Vor einer halben Ewigkeit lehrten uns zwei ältere Damen, „nichts auf einem Tisch abzulegen, das in einen Schrank oder ein Regal gehört. Pack die Dinge weg, wenn du sie nicht mehr brauchst und du hast später weniger Probleme.“ Wir wussten immer, dass sie recht haben, doch sind ihrem Rat nie gefolgt. 2tables gehört zu den Objekten, die einem helfen sich solche Routinen anzugewöhnen.
Und wir sind nicht die Einzigen, die so denken. Neben dem (smow)/USM Haller/Vitra SonderPreis wurde 2tables beim Marianne Brandt Wettbewerb außerdem mit einer Auszeichnung im Bereich Produktdesign bedacht und gewann den Publikumspreis.
Jene, die 2tables selbst sehen wollen, werden die Möglichkeit dazu haben, wenn das Objekt vom 10. bis 12. Januar als Teil der Room+Style Messe in Dresden ausgestellt werden wird.
Um etwas mehr über 2tables und die Designerin herauszufinden, trafen wir Albertine Baronius und stiegen mit unserer Standardfrage ein: Warum Produktdesign?
Albertine Baronius: Für einige Zeit hatte ich keine konkrete Idee, was ich beruflich machen wollte und nach dem Abitur dauerte es zusammen mit dem Praktikum fast ein Jahr bis ich zum Designstudium kam. Als Kind habe ich immer Bilder aus Katalogen ausgeschnitten und mit ihnen ganze Häuser kreiert, aber erst nach der Schule nahm die Idee etwas Kreatives zu machen Gestalt an. Als ich dann den Tag der offenen Tür an der HTW Dresden besucht habe, war ich begeistert von dem, was ich dort gesehen habe und bewarb mich für das Studium.
(smow)blog: Wir sind mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden nicht so vertraut. Wie sind die Kurse dort organisiert? Ging es in deinem Studium nur um Design oder waren beispielsweise auch ökonomische Aspekte enthalten?
Albertine Baronius: Ich kann nur für meine Studienzeit mit Diplomabschluss sprechen. Wahrscheinlich haben sich auch mit der Umstellung zu Bachelor und Master viele Dinge – auch zum Positiven – geändert. Im Großen und Ganzen ist der Lehrplan ein guter Mix von Fächern und neben z.B. Designtheorie oder Typografie gibt es auch Kurse in Bauwesen und Maschinenbau. Insgesamt ist das Studium auf Industriedesign ausgerichtet, Möbel spielen nur eine kleine Rolle. In Sachen ökonomischer Aspekte würde ich sagen, dass es etwas mehr davon geben könnte. Es gab z.B. ein Seminar zu geistigen Eigentumsrechten, aber im Allgemeinen war die wirtschaftliche Seite des Designberufs etwas unterrepräsentiert und könnte ausgebaut werden.
(smow)blog: Und jetzt hast du Dresden gegen Berlin eingetauscht. Wie sieht die Realität des „kreativen Berlins“ aus?
Albertine Baronius: Es ist eine wundervolle Stadt zum Leben, aber es gibt so viele Kreative hier – jeder scheint etwas Kreatives zu machen, was heißt, dass es schwierig sein kann, sich eine Stimme zu verschaffen und Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit zu bekommen. Gleichzeitig ist es eine großartige Möglichkeit sich mit all den anderen Kreativen zu vernetzen, auszutauschen und gemeinsam von diesem kreativen Pool zu profitieren
(smow)blog: Du hast zurzeit auch mehrere Jobs. Neben Möbeln designst und verkaufst du auch Schmuck, arbeitest als Kommunikationsdesignerin und Freelance Designerin. War das eine bewusste Entscheidung deinerseits oder muss man als junge Designerin in einer Stadt wie Berlin einfach flexibel sein?
Albertine Baronius: Es hat sich einfach so ergeben. Nicht zuletzt weil der Designprozess bei Möbeln so lang dauert und man als junge Desgnerin kein verlässliches Einkommen hat. Abgesehen davon genieße ich die Abwechslung, aber langfristig gesehen ist der Plan, allein vom Produktdesign und Innenarchitektur zu leben.
(smow)blog: Produktdesign ist eine gute Überleitung… Was ist der Hintergrund zum 2tables?
Albertine Baronius: Studenten haben tendenziell immer das Problem, auf kleinem Raum sowohl Wohnen als auch Arbeiten zu verbinden. Heutzutage ist das nicht mehr allein ein Studentenproblem. Immer mehr Menschen mangelt es an Platz, besonders in großen Städten mit hohen Mieten. Und so hatte ich die Idee, ein Objekt zu entwickeln, das Arbeit und private Verwendungszwecke in einem Möbelstück kombiniert und sich gut in Wohnräume einfügt.
(smow)blog: Im Hinblick auf die duale Funktion, war während der Entwicklungsphase die Form oder die Funktion des Objekts wichtiger?
Albertine Baronius: Der Fokus lag definitiv auf der Funktionalität. Erst danach ging es darum, diese Funktionalität in eine ansprechende Form zu packen. D.h. von Anfang an war es meine Intention, ein Objekt zu schaffen, das mit seiner Umgebung verschmilzt. Etwas, was zum Arbeiten dient, das einen die Arbeit aber Vergessen macht, indem man die Klappe schließt.
(smow)blog: Was waren in dieser Hinsicht die größten Herausforderungen?
Albertine Baronius: Der schwierigste technische Aspekt war die Leuchte zu integrieren, aber auch die Gestaltung der Beine und eine Form für die multifunktionalen Eigenschaften zu finden, die nicht nach einem typischen Arbeitstisch aussieht, brauchte seine Zeit.
(smow)blog: Kurz zum Schluss. Was ist dein Plan mit 2tables? Selbstproduktion oder suchst du nach einem Hersteller?
Albertine Baronius: Das Projekt wurde offiziell erst im September 2013 beendet und so beginnt die Suche nach einem Hersteller gerade erst. Einen zu finden wäre natürlich ideal. Ich bin mir bewusst, dass 2tables ein etwas komplizierteres Produkt als ein gewöhnlicher Tisch oder Schreibtisch ist, aber ich hoffe, einen Hersteller zu finden, der so von dem Produkt überzeugt ist wie viele Andere bisher.
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