Vienna Design Week 2013: Passionswege – Bertille + Mathieu @ J. & L. Lobmeyr

Was ist Luxus?

Für Passionswege 2013 wurde das französische Duo Bertille + Mathieu mit dem Wiener Kristallglashersteller J. & L. Lobmeyr zusammengebracht. Das Unternehmen, dessen Produkte königliche Zimmer zieren und das bei der Etablierung der Wiener Werkstätten beteiligt war, ist nach konventionellen Maßstäben eindeutig als „luxuriös“ zu bezeichnen. Mit Berille + Mathieu haben J. & L. Lobemeyr jetzt ein wunderbares Projekt auf die Beine gestellt, das auf die Frage „Was ist Luxus?“ eine etwas andere, aber durchaus akzeptable Antwort gibt: Lollis nämlich – zuckersüße Lollis.

Genauer gesagt haben Bertille + Mathieu einige Objekte aus dem J. & L. Lobemeyr Sortiment benutzt, darunter Teile von Kronleuchtern und die Unterseite des Alfred Loos Trinkbechers, um damit eine Reihe von Lollis zu gießen.

Das Duo stand während der Vienna Design Week jeden Nachmittag im Geschäft von J. & L. Lobmeyr und erhitzte, umgeben von feinstem Kristallglas und im Glanze der Leuchter, Zucker um daraus Lollis zu machen. Für einen Euro wurden die dann auf die Hand verkauft.

Was wir, abgesehen vom interaktiven Aspekt und der Möglichkeit mit den Designern sprechen zu können – dieser Austausch fehlt uns bei den meisten Projekten -, besonders an diesem Projekt mögen, ist, mit welcher Einfachheit hier Zuckerlollis und Kristallglas gegenübergestellt werden. Die Ähnlichkeit beider Objekte und ihr vermeintlicher, wahrnehmbarer Wert stehen dabei in krassem Gegensatz zum tatsächlichen Geldwert der Objekte.

Die Materialien Zucker und Kristall sehen sich sehr ähnlich, die Lollis von Bertille + Mathieu gleichen dem Kristallglas, vom dem sie im Laden umgeben sind, aber vor allem im Hinblick auf die Zerbrechlichkeit und damit verbundene Zeitlichkeit. Als wir bei Bertille + Mathieu waren, musste ein Besucher nach dem anderen überzeugt werden, dass die Lollis nicht aus Kristallglas bestehen, doch die entzückten Gesichter der einmal Überzeugten waren eine wahre Freude.

Und mit dieser Erkenntnis kommt man zu einer weiteren Weisheit: Zum Luxus gehört nicht zwangsläufig ein schwerer Kronleuchter oder eine Serie teurer Whiskygläser. Luxus ist, was man in einem bestimmten Moment braucht, Luxus ist ein unerwartetes Vergnügen, Luxus ist die Möglichkeit einen geliebten Menschen zum Lachen zu bringen, Luxus ist die Freiheit etwas zu erforschen, zu lernen, Fehler zu machen, luxuriös sind ein paar Minuten allein, Luxus gibt es nicht.

Luxus ist ein Lolli – oder kann es zumindest sein.

(Und noch am Rande: Bertille Laguet und Mathieu Rohrer sind Absolventen der ECAL/Univerity of Art & Design Lausanne, eine Institution, die uns schon mit ihrem Master of Advanced Studies in Luxury Industry & Design wirklich auf die Palme gebracht hat. Vielleicht sollte man in Lausanne mal Bertille + Mathieu bitten, im nächsten Semester einen Kurs zu übernehmen…)

 

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