Aus Gründen, die wir nie wirklich verstanden haben, taucht „Essen“ immer wieder irgendwo auf der Vienna Design Week auf. Zum Glück haben die Veranstalter nun aber die Designer zurückgehalten, Kräuter und Gemüse an öffentlichen Plätzen anzubauen und haben sich anstelle dessen etwas praktischeren Aspekten unserer modernen Beziehung zu dem, was wir essen und wie man die Lebensmittelproduktion und -industrie in der Zukunft verbessern kann, gewidmet.
Unter den Projekten ist dieses Jahr die österreichische Designerin Marlene Klausner.
Eines der Wunder der „Natur“ ist, dass sie komplexe negative Rückkopplungsschleifen hervorbringt – Systeme, die Kreisläufe regulieren, indem sie auf Über- und Unterproduktion antworten und so sicherstellen, dass das natürliche System im Gleichgewicht bleibt.
Eines der Wunder der „Menschen“ ist, dass wir genau das nicht hinbekommen. Die Lebensmittelproduktion ist ein perfektes Beispiel dafür.
Als Antwort auf den Lebensmittelmangel der unmittelbaren Nachkriegszeiten entwickelten wir industrielle Lebensmittelproduktionsmethoden und ein entsprechendes Vertriebssystem, das auf kontinuierlicher Lieferung statt auf Befriedung der aktuellen Nachfrage basiert. Fünf Jahrzehnte später haben wir eine Situation hoffnungsloser Überproduktion, Überkonsum und Überangebot erreicht.
Lebensmittelproduktion ist zumindest in Europa chronisch aus dem Gleichgewicht. Und es gibt keine negative Rückkopplungsschleife, die das Gleichgewicht wieder herstellen könnte. So liegt es an jedem Einzelnen, die Initiative zu ergreifen – und zwar nicht nur, indem man weniger kauft, sondern indem man besser kauft und so weniger verschwendet.
Im Keller der Vienna Design Week Festivalzentrale gelegen, ist Depot_0411 im Prinzip nicht mehr als eine Erinnerung daran, dass man Obst und Gemüse lagern kann. Oft für Monate! Das ist etwas, was viele von uns, einfach nicht gelernt oder zumindest vergessen haben.
Für die Vienna Design Week präsentiert Marlene Klausner vier Lagersysteme: ein Regal für Äpfel, ein leicht komplizierteres Regal für Kartoffeln, eine Sandgrube für Rüben und ein Essiggärungsfass.
Dabei geht es nicht darum, etwas Neues zu zeigen, sondern eine Debatte anzuregen. Depot_0411 ist damit ein Komminukationsdesign-Projekt. Und zwar ein sehr wirkungsvolles.
Weitere Infos gibt es unter www.viennadesignweek.at und ein paar Bilder von der Ausstellung hier:
Tagged with: Vienna Design Week