In unserem Post „Wilhelm Wagenfeld zu Design for Use, USA“ zitierten wir Wagenfeld mit seiner Behauptung, dass „in der aktuellen Epoche Maschinen- und Handarbeit aufs Engste miteinander verbunden sind.“
Das Bauhaus Archiv Berlin zeigt derzeit eine Ausstellung, die gekonnt demonstriert, dass solche harmonischen Konstellationen um die achtzig Jahre später immer noch zu finden sind – und zwar in Arbeiten, die mindestens genauso raffiniert und zeitlos erscheinen wie die von Wagenfeld.
„Poesie und Industrie“ ist die erste ausführliche Retrospektive mit Arbeiten der Berliner Porzellandesignerin Barbara Schmidt. Retrospektive ist, finden wir, der treffendste Begriff, auch wenn die damit verbundenen Konnotationen etwas unpassend erscheinen.
Nach dem Abschluss ihres Studiums an der Burg Giebichenstein Halle 1991 begann Barbara Schmidt mit der seit Jahren arrivierten, Thüringer Porzellanmanufaktur Kahla zusammenzuarbeiten. Infolge der Insolvenz 1993 und der Neugründung 1994 nahm Barbara Schmidt grundlegenden Einfluss auf die Kollektion und trieb das Schicksal der Firma voran.
Während ihrer Zeit an der Burg Giebichenstein lernte Barbara Schmidt nicht nur die Grundlagen des Porzellandesigns, sondern analysierte auch den Stand und die Eigenschaften der Porzellanindustrie, die nach ihrer Einschätzung dabei war ihren Weg zu verlieren: „In einer Zeit, in der sich die Industrie große Mühe gibt möglichst alle Bedürfnisse vorauszusehen, bevor sie potentielle Kunden überhaupt fühlen, hat sich ein Zwiespalt zwischen den Produkten der Porzellanindustrie und den Interessen der potentiellen Kunden gebildet. Das produzierte Porzellan verliert mehr und mehr an Popularität und die veränderten Bedürfnisse der Kunden wurden von den Produzenten nicht erkannt.“ 1.
Unter Barbara Schmidts Führung begann Khala auf diese veränderten Bedürfnisse zu reagieren und das Porzellan wurde zunehmend populär.
Trotz des Risikos der Trivialisierung und Verallgemeinerung bestand Barabara Schmidts wesentlichste Neuerung darin vom traditionellen Konzept „was Porzellan muss“ abzurücken und stattdessen Porzellanserien zu entwickeln, die auf die veränderten Umstände, auf die häusliche und demografische Realität reagierten.
Zweifellos half es, dass Barbara Schmidt diese Verwandlung mit einer höchst zugänglichen Formensprache gelang, die so subtil und vertraut wie charakteristisch ist.
„Poesie und Industrie“ liefert nicht nur eine wunderbare Einführung in die Natur und Bedeutung dieser Arbeit, sondern beschreibt auch detailliert die Entwicklung von Barbara Schmidts Philosophie während der vergangenen beiden Jahrzehnte. Eine Entwicklung, die grundlegend bestimmt war von sich verändernden Umständen der häuslichen und demografischen Realität und natürlich auch von den Möglichkeiten moderner, mechanischer Produktionsmethoden.
Barbara Schmidt ist allerdings sehr viel mehr als Kahla und so zeigt „Poesie und Industrie“ auch zahlreiche Projekte, die unabhängig von Khala entstanden sind. Projekte, die das Bild einer Porzellandesignerin vervollständigen, für die Porzellandesign sehr viel mehr ist als die Perfektionierung der Kurve eines Henkels oder eines Tellerprofils; und für die Porzellanproduktion nicht nur bedeutet, mit dreckigen Händen an einer Töpferscheibe zu sitzen.
In Ergänzung zum Porzellan zeigt „Poesie & Industrie. Barbara Schmidt. Porzellandesign“ auch Fotografien von fünf aktuellen Fotografen, die sich mit Barbara Schmidts Arbeiten befassen. Darunter Bilder des in Helsinki lebenden Benjamin Rinner, der auch für die „statischen“ USM Haller Fotos im (smow) Onlineshop verantwortlich ist.
„Poesie & Industrie. Barbara Schmidt. Porzellandesign.“ ist bis Montag, dem 4.November 2013, im Bauhaus Archiv Berlin zu sehen. Alle Details, wie auch die Informationen zum Rahmenprogramm sind auf http://bauhaus.de zu finden.
1. Barbara Schmidt „Portfolio“, zitiert in Jäschke, Kirsten „From Personal to Universal. Reflections on the creative cosmos of Barbara Schmidt“ in „Poesie & Industrie. Barbara Schmidt. Porzellandesign.“, Bauhaus Archiv / Museum für Gestaltung Berlin, 2013.
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