Am dritten September präsentiert das Ungers Archiv für Architekturwissenschaft Köln die neueste Ausgabe der Reihe „Ex Libris“. Diesmal heißt die Veranstaltung „Ex Loco“ und findet in Bremen statt.
Schon in einem früheren Post zur „Ex Libris“-Reihe meinten wir: „So wie das Internet scheinbar voller überflüssiger Informationen steckt, bevor man beginnt etwas Konkretes zu suchen – so mag auch eine Bibliothek nur eine Ansammlung alter Blätter sein, bis man ihre Bücher liest.“
In diesem Sinne lädt das Ungers Archiv für Architekturwissenschaft regelmäßig verschiedene Architekturkoryphäen dazu ein, aus der Bibliothek des Archivs ein Buch zu wählen und es der Öffentlichkeit vorzustellen – zu erklären, warum sie es ausgesucht haben und was es uns lehren kann.
Normalerweise findet die „Ex Libris“-Reihe in Köln statt, gelegentlich allerdings auch außerhalb der Stadtmauern. Diesmal im Bremer Zentrum für Baukultur und in Begleitung von Volkwin Marg und Hartmut Frank.
Als Gründungsmitglied von Gerkan Marg, einem der ohne Frage wichtigsten deutschen Architekturbüros, ist Volkwin Mark wahrscheinlich mit Projekten wie dem Berliner Hauptbahnhof, dem Bundeskanzleramt in Berlin-Tiergarten und der Leipziger Neuen Messe am bekanntesten geworden. Für „Ex Libris“ hat Volkwin Marg die Arbeit „Atlantropa“ aus dem Jahr 1932 des Architekten Hermann Sörgel ausgesucht. Dabei handelt es sich um einen detaillierten Plan für einen hydroelektrischen Damm über der Straße von Gibraltar – also zwischen Europa und Afrika. In Ergänzung zur Energiegewinnung verstand Sörgel sein Projekt auch als ein Projekt der Landgewinnung und, im Kontext der Politik der 1920er und 30er Jahre, der Diplomatie.
Den zweiten Teil des Abends übernimmt der frühere HfBK Professor und Hafen City-, sowie Uni Hamburg-Architekt Hartmut Frank. Frank präsentiert Nicolai A. Miljutins „Sozgorod, Die Probleme des sozialistischen Städtebaus“. Wir müssen zugeben, dass wir so gut wie nichts über Sozgorod wissen, aber wie auch immer – dem Informationsmaterial zur Veranstaltung zufolge wurde das Buch 1930 veröffentlicht und zeigt die Vision einer idealen marxistischen Gemeinde, allerdings mit unmissverständlichen Bezügen zur Architektur des Westens und westlicher, urbaner Planungsphilosophie. Das Wort „Probleme“ im Titel sticht natürlich einigermaßen hervor und so wurde das „problematische“ Buch mehr oder weniger unverzüglich verboten, da es mit dem stalinistischen Dogma dieser Tage nicht konform ging.
Ungers Archiv für Architekturwissenschaft ist in unserer modernen Welt ein wirklich seltener Edelstein: Es bietet die Möglichkeit über ein Thema zu reflektieren, bevor man sich dazu äußert. Eine Vorgehensweise, die heutzutage viel zu wenige nutzen, da die riesige Bandbreite an nutzbaren Kommunikationsmöglichkeiten uns mehr oder weniger dazu anspornt, unsere Meinung zu jedweder Debatte kundzutun.
In Architektur und Stadtplanung erfahrene Profis wie Volkwin Marg oder Hartmut Frank könnten uns einfach erzählen, was sie denken. Mit der „Ex Libris“-Reihe vollbringt das Ungers Archiv allerdings etwas viel Wertvolleres: Es lädt erfahrene Profis wie Volkwin Marg oder Hartmut Frank ein über die Gedanken Dritter zu reflektieren.
Wie gesagt: ein echte Seltenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Ungers Archiv für Architekturwissenschaft Köln Ex Libris – Ex Loco mit Volkwin Marg und Hartmut Frank findet im Bremer Zentrum für Baukultur am Dienstag, dem 3. September, um 19.00 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, allerdings wird um vorherige Anmeldung unter kontakt@bzb-bremen.de gebeten.
Tagged with: Hartmut Frank, Köln, Ungers Archiv für Architekturwissenschaft, Volkwin Marg