Jeder, der etwas mit dem Kinderspielzeugmarkt in den 1970er Jahren zu tun hatte – ob als Verbraucher (Kind) oder Konsument (Erwachsener) – wird sich einer Tatsache mehr als bewusst sein: Egal, wie sehr man es probiert, wie stark man sie umstößt, Stehaufmännchen wackeln, aber sie fallen niemals um.
Stand-up von Thorsten Frank wendet eine ähnliche Logik an, wenn auch auf die etwas urbanere Welt der Möbel übertragen.
Das Konzept ist nicht neu, tatsächlich kann man sogar sagen, dass Möbel, die schaukeln und sich in Einklang mit dem Körper bewegen, Teil eines vollständig etablierten Zweiges innerhalb der Möbelindustrie sind. Jeder von uns wird mit mindestens einem „schaukelnden Sitzsystem“ auf dem Markt vertraut sein – eins abscheulicher als das andere und alle entbehren jeder Logik eines formalen Konzepts.
Genau wie die furchtbare „Frauenliteratur“ der 90er Jahre, bringen solche „Sitzsysteme“ Funktionen mit, die scheinbar nur auf Anraten der Marketingabteilung, ohne die Gesamtkomposition im Blick zu haben, entstanden sind. Stand-up von Thorsten Franck ist im Gegensatz dazu so etwas wie eine frühe Irvine-Welsh-Kurzgeschichte – gewagt, frech und unverdrossen. Es ist außerdem das erste Produkt dieser Sparte, das uns auf Anhieb gefallen hat.
Geht man auf Thorstens Website, sieht man ganz deutlich, dass Stand-up der Höhepunkt eines langen Studienprojektes sein muss – von einem, das uns nie aufgefallen ist, dem letzten Beitrag auf der Website nach zu urteilen aber im April 2011 in Mailand präsentiert wurde.
Momentan ist Stand-up nur ein Prototyp – daher auch die Anführungszeichen im Titel. Bedenkt man aber, wie viel Geld in die Präsentation in Köln gesteckt wurde, kann Wilkhahns Absicht nur sein, es auch zu produzieren. Außer das Feedback ist wirklich schlecht, aber das wird es nicht.
Geht man einmal durch das Portfolio von Wilkhahn, stößt man auf andere Projekte, die den Pilzen ganz schön ähnlich sind. Zunächst sind die Parallelen zu dem erfolgreichen ON Bürostuhl allzu offensichtlich; tatsächlich sieht die grüne Version wie eine Sparversion von ON aus. Es ist eine optische Täuschung, wissen wir, aber die Assoziation mit ON verleiht Stand-up eine Authentizität und Ernsthaftigkeit wie es bei keinem anderen Hersteller der Fall gewesen wäre. Dann die Farben. Die Auswahl ist stark an die von Stefan Diez‘ Chassis Chair angelehnt. Dadurch fügt sich Stand-up sehr gut in das Wilkhahn-Sortiment ein und lässt unsere Vermutung schließlich immer plausibler werden.
Zusammen mit dem Design, das so einfach wie genial ist, ergibt sich daraus für uns ein rundes, gut überlegtes und vor allem exzellent umgesetztes Objekt.
Obwohl auf der Orgatec zu sehen, ist Stand-up für uns ein Produkt, das sich für Zuhause und das Büro eignet und das man, obwohl es stark nach der Sorte von Produkten riecht, die ein Muss für jeden Tischtennisplatten- und Kickerbereich von Start-ups zu sein scheinen, nicht anders als lieben kann.
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