2011 präsentierte Moormann in Mailand den Prototypen des Pressed Chair von Harry Thaler. Und nun wurde auf der Messe der Vorhang für die marktreife Version des Stuhls gelüftet.
Letztes Jahr hat sich ja Nils Holger Moormann ausführlich zum Pressed Chair geäußert. Und um das Puzzle zu vervollständigen haben wir uns dieses Jahr vor der Messe mit Harry Thaler in seinem Londoner Atelier getroffen um mehr über ihn und den Pressed Chair zu erfahren.
(smow)blog: Fangen wir mit deinem Hintergrund an. Wenn wir richtig informiert sind, bist du gelernter Goldschmied?
Harry Thaler: Ja, ich komme aus dem Schmuckbereich, habe zehn Jahre als Goldschmied in meiner Heimatstadt Meran gearbeitet bevor ich nach Wien zog und schließlich an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim einen Schmuckkurs belegt habe. Diese Zeit in Pforzheim hat mich dann bewegt Design zu studieren – also in größeren Dimensionen zu arbeiten.
(smow)blog: Und wie bist du zum Royal College of Art nach London gekommen?
Harry Thaler: Nach Pforzheim habe ich Design in Bozen studiert, aber dort gab es einen Kurs den ich in Englisch absolvieren musste. Nachdem ich 8 mal durch die Prüfung gefallen war, hab ich mir gedacht „Ok, du musst nach London gehen um Englisch zu lernen!“. Also hab ich mich am RCA beworben, wurde angenommen, habe zwei Jahre studiert und 2010 mein Studio hier in London aufgemacht.
(smow)blog: Vor dem Hintergrund, dass du Goldschmied bist: Arbeitest du als Designer mehr mit Modellen und handwerklichen Entwürfen oder entstehen die ersten Schritte am Computer?
Harry Thaler: Das hängt sehr vom Projekt ab. Ich arbeite gerade an einem Haus, da wird natürlich viel am Computer gemacht. Aber dann gibt es auch Projekte wie den Pressed Chair, der überhaupt nicht am Computer entstanden ist sondern reines Experimentieren war.
(smow)blog: Ein guter Übergang zu unserer nächsten Frage. Wenn wir uns deine früheren Arbeiten anschauen, sehen wir keinen offensichtlichen Weg hin zum Pressed Chair. War das ein komplett neues Projekt für dich oder gibt es eine Verbindung zu früheren Arbeiten?
Harry Thaler: Der Pressed Chair hat schon einen Bezug zu meiner Vergangenheit. Wenn ich nicht als Goldschmied gearbeitet hätte, wäre ich nie auf den Stuhl gekommen. Natürlich sind die Dimensionen ganz anders, aber das Formen der Metall- und Blechteile ist ein typischer Goldschmiedprozess.
(smow)blog: Erinnerst du dich an die ursprüngliche Idee? Gab es da eine bestimmte Eingebung?
Harry Thaler: Es gibt durchaus Projekte, wo man aufwacht und eine Idee hat. Aber der Pressed Chair war mehr ein Prozess. Es hat mit einer kleinen Gabel aus einem Stück Holz angefangen. Daraus wurde dann ein Tisch, Stuhl, Hocker aus einem Stück Holz. Die Holzplatte wurde in die Form eines Stuhls gebogen…
(smow)blog: Und dann dachtest du, ok, wenn es mit Holz funktioniert, kann ich es auch mit Metall probieren?
Harry Thaler: Nicht ganz. Der ursprüngliche Plan war etwas aus nur einem Stück Material zu machen, letzten Endes war das Metall. Nachdem wir die Grundform hatten, wollten wir das ausreifen um das Blatt so dünn wie möglich zu gestalten. Wenn wir einfach ein 1cm starkes Stück Metall genommen hätten, wäre es viel einfacher und man bräuchte die Rillen nicht. Aber die Rillen machen im Grunde auch den Stuhl aus.
(smow)blog: Wie war die erste Begegnung mit Nils Holger Moormann?
Harry Thaler: Das war im Januar 2011 in Köln. Ich hatte den Interior Innovation Award gewonnen und Nils kam auf der IMM auf mich zu.
(smow)blog: Kannte er deine Arbeit schon oder hat er das in Köln zum ersten Mal gesehen?
Harry Thaler: Er hat gesagt, dass er meine Arbeit schon eine Weile verfolgt hatte. Und ich werde nie vergessen, wie er in Köln ankam. Er ging direkt auf mich zu, schaute nicht nach rechts oder links, nur geradeaus, fokussiert, zu mir!
(smow)blog: Wie ist das für dich als Designer? Du entwicklest einen Stuhl, gewinnst Preise und dann kommt eine Firma wie Moormann und sagt „Super, wir möchten das produzieren, aber wir müssen Veränderungen vornehmen.“ Macht dich das nervös? Hast du dabei ein ungutes Gefühl?
Harry Thaler: Überhaupt nicht. Die Zusammenarbeit mit Moormann war wunderbar. Sie haben mir Bilder geschickt und ich habe gesehen dass es im Grunde der selbe Stuhl ist. Es wurden zwar kleine Veränderungen vorgenommen aber im Prinzip war der Geist der gleiche. Und ich wurde die ganze Zeit auf dem Laufenden gehalten. Sie haben nicht einfach die Idee genommen und damit gemacht was sie wollen ohne mich zu fragen. Sie haben viel gemacht aber mich dabei immer informiert und konsultiert, sodass ich den Prozess begleiten konnte.
(smow)blog: Jetzt ist er nun auf dem Markt. Ist das Projekt damit für dich abgeschlossen und du wartest nur noch auf die Schecks? Oder denkst du noch darüber nach und verfolgst die Entwicklung?
Harry Thaler: Das schöne am Design ist, dass ich den Stuhl vielleicht in einem Café hier in London sehe oder bei jemandem zuhause, also irgendwo wo er ein eigenes Leben hat. Wenn sich die Leute am Stuhl erfreuen und ihn wirklich benutzen, dann macht mich das glücklich. Aber ich möchte das Konzept natürlich auch weiterentwickeln in andere Objekte wie einen Tisch oder einen Hocker.
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