Eine kurze Fahrt mit Tram und S-Bahn vom Rundgang an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee brachte uns zum Rundgang an der Universität der Künste Berlin.
Ähnliche Konzepte. Verschiedene Welten.
Wo Weißensee eine fast schon provinzielle Unschuld ausstrahlt, fühlt es sich an der UdK wie an der New York School of the Performing Arts in den frühen 1980ern an.
Jederzeit könnte ein quirliger Student mit Aerobicanzug und Stulpen die Treppe runter gehüpft kommen und sich darüber beschweren, dass Mr. Shorofsky die moderne Welt nicht versteht, bevor er Pirouetten drehend über den Flur verschwindet.
So kommt es zumindst uns vor.
Und dennoch, trotz des Retrogefühls beeindrucken die Studierenden der Industriedesign Fakultät immer wieder mit ihren zeitgenössischen und vorwärtsgewandten Arbeiten.
Eines der interessanteren und innovativeren Projekte beim diesjährigen Rundgang war ohne Frage Scolyt von Marco Merkel, das er im Rahmen des Seminars TransRitus von Prof. Axel Kufus & Jörg Höltje entwickelte. Inspiriert von modifizierten Glasformen, die infolge der Bombardierung 1944 in Berlin entstanden, wollte Marco ähnlich willkürliche Glasobjekte „entwerfen“. Dazu verwendete er natürlich gewachsene Holzstücke als Vorlagen, wobei er das Glas entweder auf die Oberfläche der gesammelten Holzteile oder – noch spannender – in das Holz hinein bläst. Die Ergebnisse sind eindringlich.
Zwar nicht ganz so faszinierend, aber genauso gut fanden wir den Hocker Nimmdirzeit von Christian Leisse und Josua Putzke. Wir sind nicht ganz sicher, woher die Idee stammte – es ist jedenfalls ein Hocker in der Form (und Funktion) einer klassischen Sanduhr, die – während man auf ihr sitzt – eine Zeitspanne von 15 Minuten abmisst.
Sicher kein Objekt fürs heimische Wohnzimmer, aber im Büro, oder besser noch im öffentlichen Raum, macht sich das Konzept und die Idee hinter Nimmdirzeit sicher gut. Die Bedeutung hinter dem Objekt manifestiert sich ganz wundebar im Namen – der Sitz misst, wie lange man schon auf ihm sitzt und man kann entspannt die Pause genießen ohne ständig nach der Uhr sehen zu müssen. Das könnten wir uns auch ziemlich gut für unser Büro vorstellen…
Wir haben bloß Angst, dass irgendein Management-Freak Nimmdirzeit auszuntzen und eine müßige Übung daraus ableiten wird, bei dem ein Mitarbeiter auf dem Nimmdirzeit innerhalb von 15 Minuten all seine Ideen für eine nächste Kampagne vorstellen muss, während alle anderen drumherum sitzen und klatschen.
Er ist definitiv besser geeingnet, um im Park entspannt die Mittagspause zu verbringen.
Ein weiteres Highlight war Erika von Storno für Nils Holger Moormann. Das Projekt hatte absolut nichts mit dem Rundgang zu tun, aber als Moormann die Produktion eingestellt hat, entstand ein kleines Loch in unserem Herzen. Manch einer könnte sagen, dass solch eine modulare Küche sowieso niemals ein kommerzieller Erfolg hätte werden können. Und wir würden zustimmen.
Aber das ist genau der Punkt. Das Konzept war und ist ein erfolgreicher Versuch häusliche Ordnung in unserer modernen Welt zu definieren.
Erika war eine Lösung.
Wegen unseres vorherigen Besuchs an der KHB haben wir nicht mehr die Mühe auf uns genommen, beim UdK Rundgang die Arbeiten der nicht-Industriedesign Fakultäten anzuschauen. Auf der einen Seite weil das bedeutet hätte, noch in ein anderes Gebäude zu gehen. Und auf der anderes Seite weil im Hops and Barely in Berlin Friedrichshain ein paar Gläser Brown Ale mit unseren Namen drauf warteten.
Nach zwei Studentenausstellungen an einem Tag haben wir uns das auch verdient, finden wir.
Nun liegt nur noch eine Ausstellung auf unserer Tour vor uns; ein Sonntagnachmittag auf der Burg Giebichenstein Halle.
Wir haben eine kleine Facebook-Gallerie vom Rundgang 2011 Universität der Künste Berlin auf facebook.com/smowcom zusammengestellt.
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