Nach der Enttäuschung an der Burg Giebichenstein fühlten wir uns auch auf dem Weg nach Berlin vom Glück verlassen, als wir durch Sturm und Regen nordwärts fuhren.
Der grundsätzliche Fokus beim Rundgang 2010 an der Universität der Künste Berlin lag auf den Semester-Projekten.
Eine Auswahl an Diplom-Arbeiten war zu sehen, bedauerlicherweise aber nicht alle Diplom-Projekte. „Jack“ von Julia Reischel und „Qabel“ von Philipp Frank waren zwei Projekte, die wir gern bestaunt hätten, die wir aber leider nur auf dem Papier und nicht in persona sahen.
Die Semesterprojekte an sich waren ziemlich eingeschränkt. Was auf der einen Seite eine legitime Methode ist, die Konzentration der Studenten zu fokussieren. Wir hatten gelegentlich das Gefühl, dass die Projekte ein wenig zu sehr so angepasst wurden, dass sie den Anforderungen der kommerziellen Partner genügen.
Die Kooperation zwischen Design-Schulen und kommerziellen Partnern ist ein Punkt, den wir später noch einmal diskutieren werden.
Und obwohl Projekte wie „Light my Fire“ oder „Lichten“, die die Frage „Wieviel Erleuchtung benötigt ein Licht?“ aufwarfen, eine Reihe interessanter Ergebnisse hervorbrachten, dienten sie für uns weitestgehend dazu, den Lernprozess zu beobachten und zu verstehen.
Eine besonders herrliche Visualisierung des Lernprozesses war die Umfrage, die alle Studenten der Klasse „Industrial Design Grundlagen“ ausfüllten. Durch Nennung ihrer Lieblings-Projekte, ihrer persönlichen Katastrophe und dem Moment „als der Groschen fiel“ konnte man deutlich einige Gemeinsamkeiten unter den neuen Design-Studenten ausmachen. Die häufigsten Probleme waren verspäteter Beginn der Vorbereitungen und vor dem Produktionsstart keinen sauberen Prototypen angefertigt zu haben. Folglich war auch die Ausstellung weniger bedeutsam als die Notizwand im Flur.
In einer ansonsten sehr informativen und hoch amüsanten Ausstellung fanden wir nichts, dass als Innovation definiert werden könnte.
Mit Sno hat Louise Unbekannt eine wundervolle Moormann-ische Garderobe entwickelt. Drei gebogene Holzteile, die ineinander übergehen und sich gegenseitig stützen. „Sno“ hat nicht nur eine wunderbare Geometrie, sondern auch einige kleine Details, die das Talent hinter dem Design erkennen lassen.
Mesa Portador von Ben Raubold scheint ebenso seine Wurzeln in Aschau im Chiemgau zu haben. Obwohl wir die Idee der Tischbeine, die in zwei verschiedenen Höhen genutzt werden können, sehr mochten, war es doch die Weiterentwicklung, die uns sehr beeindruckte.
Portador ist spanisch für tragend und zaubert dennoch das Konzept des Transportablen hervor.
Falls Ben es schafft, das Design so zu entwickeln, dass alle Komponenten flach zusammen gesteckt werden können damit sie leicht transportieren kann, dann können wir uns auch einige praktische Anwendungen für Mesa Portador vorstellen.
Wenn wir von diesen beiden Arbeiten einmal absehen, dann sahen wir ansonsten sehr wenig in Sachen „Produkte“. Aber das sollte nicht als Kritik verstanden werden. Der Tonus der Ausstellung war vielmehr die Entwicklung der Studenten zu zeigen – und in diesem Fall erwartet man wohl auch keine „Produkte“ sondern „Ideen“ und „Möglichkeiten“. Und die waren so massenhaft wie Sachsen mit Sonnenbrand am Warnemünder Strand.
Ein weiteres Highlight erwartete uns vor dem Hauptgebäude der UDK in der Hardenberg-Straße.
Eine Windturbine, gebaut aus alten Ölfässern.
Viel mehr darüber wissen wir auch nicht, da das Informationsschild dazu fehlte.
Wir vermuten, dass solche Konstruktionen zu hunderttausenden auf kleinen Bauernhöfen in Indien und Afrika stehen. Oder zumindest hoffen wir das.
Das Konzept war zumindest das erste in Berlin, dass uns wirklich inspirierte und motivierte.
Bilder vom Rundgang 2010 an der Universität der Künste Berlin sind auf (smow)flickr zu sehen.
Und nach so einem unterhaltsamen Tag an der Universität der Künste fuhren wir weiter nach Nordosten zum Rundgang 2010 der Kunsthochschule Berlin Weißensee.